Seit 1957 hat sich die Einkommenslage der Älteren verbessert. Eigentlich. Ausschlaggebend für die bessere finanzielle Situation von Rentnern war damals die dynamisierte bruttolohnbezogene Rente. Seit Jahren aber kippt diese Entwicklung wieder ins Negative. Altersarmut ist so real wie lange nicht mehr: 564.000 Senioren sind betroffen.
Wie die Tagesschau berichtet, steigt die Zahl der Bezugsnehmer seit Jahren wieder an. Besonders von der Grundsicherung abhängig sind Frauen. Ende 2020 lag die Zahl laut Statistischem Bundesamt bei 315.000 Bezugsnehmerinnen. Seit der Einführung 2003 steigt die Zahl deutlich, das zeigen auch die Zahlen von vor achtzehn Jahren waren: Damals waren insgesamt 258.000 Menschen auf Grundsicherung angewiesen. Ursprünglich sollte ihre Einführung das Gegenteil bewirken und „verschämte Altersarmut“ verringern. Die Stütze orientierte sich an den Regelsätzen der zuvor bezahlten Sozialhilfe.
Mindestlohn von 12,21 Euro für Grundrente notwendig
Um nach heutigen Berechnungsstand nicht auf Grundrente angewiesen zu sein, müssten Angestellte einen Stundenlohn von 12,21 Euro aufweisen, um eine ausreichende Rente zu erreichen. Damit liegt das Gehalt über dem Mindestlohn. Für die Anfang des Jahres eingeführte Grundrente würde sogar ein Stundenlohn von 7,27 Euro ausreichen. Die Antwort des Arbeitsministeriums zeigt somit als eine deutliche Wirkung.
Während die Grundsicherung als eigenständige Sozialleistung beantragt werden muss, prüft die Rentenversicherung automatisch, ob ein Anspruch auf Grundrente besteht. Dieser besteht nach 33 Jahren Erwerbstätigkeit. Besonders Frauen, die aufgrund der Kindererziehung oder Pflege eines Familienmitglieds diese Jahre nicht erreichen, sind im Alter von Armut gefährdet. Sie bleiben oft auf Unterhaltsleistungen ihrer Ehemänner angewiesen.
Für Linken-Politiker und Rentenexperten Matthias W. Birkwald zeigten die neuen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums auch, „dass wir von einem angemessenen Mindestlohn aktuell sehr weit entfernt sind.“ Zwar gleiche die Grundrente die Rentenlücke aus. „Es sind aber zu viele Menschen von ihrem Bezug ausgeschlossen.“ Aus dem Arbeitsministerium heißt es von Ressortchef Hubertus Heil allerdings, dass „aus der Höhe einer Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nicht auf eine Bedürftigkeit in der Grundsicherung im Alter geschlossen werden kann“. Es würden andere Alterseinkommen etwa durch private Vorsorge oder höhere Einkommen eines Ehepartners in der Rechnung nicht beachtet. Die Absicherung im Alter übernehmen nach Angaben des Alterssicherungsberichts 2020 viele Senioren selbst. Im Jahr 2019 betrugen die Haushaltsnettoeinkommen aller Ehepaare und Alleinstehenden im Alter ab 65 Jahren im Schnitt 2207 Euro. 14 Prozent mehr als noch vier Jahre zuvor.
Es gibt Freibeträge für Beschäftigte
Wer allerdings nicht auf private Absicherung zurückgreifen kann, ist von seiner gesetzlichen Rente abhängig. Und da zeigt sich: Die Einführung der Grundrente hat nichts daran ändern können, dass weiterhin viele Menschen auf Grundsicherung angewiesen sind. Um die Lage betroffener Senioren zu verbessern, hat die Regierung noch eine weitere Reform in Gang gebracht. Seitdem wird nicht mehr die gesamte gesetzliche Rente als Einkommen auf die Grundsicherung angerechnet. Jene mit Erwerbs- oder Kindererziehungszeiten haben einen Freibetrag von 223 Euro. Zusammen mit den 835 Euro durchschnittlicher Grundsicherungsbedarf ergibt das damit ein Nettoeinkommen von 1058 Euro bei einem Einpersonenhaushalt. Um eine solche Nettorente im Alter zu erreichen, wäre rechnerisch ein Stundenlohn von 14,37 Euro nötig, heißt es in der Regierungsantwort.
Ab wann gilt ein Mensch im Alter als arm? Laut der Bundeszentrale für politische Bildung sind dafür objektive Kriterien notwendig, da jeder die Schwelle zur Armut anders definiert. Hier heißt es: „Zu berücksichtigen sind also sämtliche um Abzüge bereinigte Einkommenszuflüsse, die in einem Haushalt zusammenfallen. Gesetzliche Renten, Betriebsrenten, private Leibrenten, Beamtenpensionen, Renten aus Versorgungswerken der freien Berufe, Wohngeld, Kapitaleinkünfte und auch Hinterbliebenenrenten müssen addiert und um Steuern und Beiträge gemindert werden.“
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