Microsoft, Google und Co. haben ein Auge auf die Versicherungsbranche geworfen und machen erste Schritte in Richtung Assekuranz. Das könnte die Branche vor eine gewaltige Herausforderung stellen – aber nicht so bald.
GAFAM und die Versicherungsbranche
Wer sich versichern lassen möchte, kann in den meisten Fällen die Angebote verschiedenster Versicherer durchforsten, eine Plattform aufsuchen oder einen Vermittler konsultieren. Wer allerdings eine Suchanfrage stellen, sich online mit Freunden vernetzen oder ein Buch kaufen möchte, der landet meist bei nur einem Anbieter: Google für Suchanfragen, Facebook für soziale Netzwerke und Amazon für den Online-Einkauf.
Klar, es gibt Alternativen. Doch die fallen neben den mächtigen Tech-Riesen kaum auf. GAFAM – also Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft – haben nicht nur online, sondern auch offline ganze Branchen umgekrempelt, in dem sie ihre eigenen Ökosysteme geschaffen und Wettbewerber verdrängt haben.
Seit einigen Jahren wagen sich die Tech-Riesen auch vermehrt ins Versicherungsgeschäft. Allerdings bisher nur in kleinen Schritten – vor allem als Partner. Mehrere Versicherungsunternehmen wie Debeka und Munich Re nutzen die Cloud-Lösungen von Microsoft. Und der GDV tüftelt mit dem Tech-Riesen an einer Cloud-Kooperationslösung.
Bei Google sieht es momentan wohl ähnlich aus: „Wir sehen uns nicht als Feind, sondern als Partner für die Versicherungsbranche. Etwa durch die Lieferung von Lösungskomponenten“, sagte Lutz Kohler, Leiter Vertrieb Business Applications bei der Google Deutschland GmbH auf dem Partnerkongress der Versicherungsforen Leipzig. Ein Beispiel dafür sei Google Earth Engine, mit dem sich Satellitenbildern auswerten lassen. Damit könnten sich Schadenereignisse besser analysieren lassen, so Kohler.
„Das wäre für die Versicherungsbranche ein Albtraum“
Andererseits: Google hat sich an den erfolgreichen US-Insurtechs Oscar Health und Lemonade beteiligt. Und unter „Google Protect“ schon mit Kooperationspartnern Versicherungen verkauft. Darüber hinaus hat der Tech-Riese mit Google Compare ein Vergleichsportal unter anderem für Versicherungen auf den Weg gebracht, das allerdings schon 2016 wieder eingestellt wurde.
Und bei Amazon? Der E-Commerce-Riese hat an dem indischen Insurtech Acko General Insurance beteiligt und bietet ebenso in Kooperation Garantieverlängerungen für bestimmte Produkte an, die bei Amazon verkauft werden. Noch fehlt der große Schritt ins Versicherungsgeschäft.
„Würde Amazon aber umschwenken und beispielsweise eine Autoversicherungs-Police vorne auf seiner Website bewerben, wäre das für die Versicherungsbranche ein Albtraum“, sagt Werner Schirmer, Analytiker bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gegenüber der NZZ.
Und wie würden die Endverbraucher einen Einstieg der Tech-Riesen ins Versicherungsgeschäft bewerten? Die zeigen sich skeptisch: Laut einer Umfrage von Statista wollen nur 13,6 Prozent der Befragten bei einem GAFA-Unternehmen eine Versicherung abschließen – Stand 2018.
Noch muss sich die Versicherungsbranche also keine großen Sorgen machen, dass GAFAM ihnen den Markt umkrempeln wird. Allerdings zeigt sich, dass durchaus Interesse seitens der Tech-Riesen an der Branche besteht. Es lohnt sich auf alle Fälle, im Auge zu behalten, was Google und Co. planen. Und welche Projekte sie unter anderem im Ausland auf den Weg bringen.
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