IKEA bietet in Zukunft ein Möbelabonnement. Das hatte der Möbelriese nach erfolgreichen Testläufen in Schweden, Polen, den Niederlanden und der Schweiz beschlossen. Der Vorstoß ist Teil einer großen Nachhaltigkeitsagenda.
Leasing bald auch in Deutschland
Um den veränderten Konsumbedürfnissen ihrer Kunden nachzukommen, wird IKEA in Zukunft nicht nur Möbel verkaufen, sondern auch vermieten. Was bereits im Carsharing oder beim neuen Handyvertrag funktioniert, soll auch im Einrichtungsbereich in Deutschland und weiteren 30 Ländern einen Absatzmarkt finden.
Greenwashing oder ehrliches Anliegen?
Als Hauptgrund nannte der schwedische Konzern seine aktuellen Bestrebungen, die hauseigene Wertschöpfungskette in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft umwandeln zu wollen. Auf der deutschen Firmenwebsite heißt es da: „IKEA steht weltweit für Nachhaltigkeit, und das schon sehr lange.“
Doch das ist so faktisch nicht richtig, das Einrichtungshaus fiel lange Zeit eher negativ auf durch Umweltskandale und eine ethisch verwerfliche Unternehmenspolitik. Menschenrechtsaktivisten und Verbraucherschützer erinnern sich schmerzlich an Formaldehyd-ausgasende Billy-Regale, Niedriglohnproduktion in DDR-Gefängnissen und Papierwaren aus Tropenhölzern.
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IKEA ist fleißig an der Nachhaltigkeits-Front
Seit 2012 jedoch gibt sich der Konzern einen grünen Anstrich und überzeugt bisher, Greenwashing-Vorwürfen zum Trotz mit Tatendrang. Eine Art grüne Agenda 2020 definiert Myriaden Ziele, die konkret umgesetzt werden und die stets sowohl den Konzern als auch die Kunden betreffen.
Energieversorgung
IKEA will seinen Heizenergie- und Wasserverbrauch minimieren und stellt komplett auf Ökostrom um. Investments in Turbinen und Photovoltaik, die auch an Kunden verkauft werden, sollen den Möbelriesen zudem bis 2020 energetisch autark machen. Schon jetzt werden laut eigener Angaben 73 Prozent des Energiebedarf selbst produziert. Darüber hinaus verspricht IKEA, das gesamte Beleuchtungssortiment auf LEDs umzurüsten und zwei Drittel der Filialen verfügen über Ladestationen für Elektroautos.
Produktion
In der Herstellung sollen global faire Arbeitsbedingungen vorherrschen und kontrolliert werden. Bis 2020 will IKEA außerdem nur noch Holz verarbeiten, dass durch den FSC (Forest Stewardship Council) zertifiziert wurde oder aus recycelten Ressourcen stammt. Nach eigenen Angaben ist das Unternehmen schon jetzt bei einem Anteil von 80 Prozent. Des Weiteren produziert IKEA Artikel wie die ISTAD Bioplastiktüten, die aus Zuckerrohr gemacht werden.
Wiederverwertung
Neben dem zukünftigen Miet-Verfahren strebt das Unternehmen einen geschlossenen Recyclingkreislauf an. Aktuell werden 91 Prozent des anfallenden Mülls in der Herstellung oder bei der Energiegewinnung wiederverwertet; bis 2020 sollen die Zahl auf 98 Prozent steigen. Auch die Kunden können bei IKEA Batterien, PET-Flaschen, Energiesparlampen, Papier und Metall entsorgen.
Nahrungsmittel
Mit einer Kampagne namens „Food is Precious“ sollen bis 2020 die Hälfte aller Lebensmittelabfälle eingespart werden. Der Verkaufsschlager, der IKEA-Hotdog, wird nun auch als Veggi-Variante angeboten und IKEA experimentiert sogar mit einem umweltfreundlichen Insekten-Anteil in ihren Kötbullar.
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Regionale Unterschiede
Bei aller Vorfreude ist es jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Maßnahmen überall gleichermaßen gelten. Je nach Land, je nach Region, sogar je nach Filiale kann es bereits große Unterschiede geben:
Ein besonders nachhaltiger Pilot in Deutschland wurde im rheinischen Kaarst gestartet. Nur dort und in Berlin-Lichtenberg, Hannover Expo-Park, Siegen und Würzburg gibt es beispielsweise das Second-Hand-Programm „Zweite-Chance“ von IKEA, in dem Kunden ihre alten, gut erhaltenen Produkte gegen Guthaben wieder zurück verkaufen können. Ein anderes Beispiel sind IKEA Altona und Freiburg, wo es seit November 2018 E-Cargo-Trailer beziehungsweise Elektrofahrzeuge zur Miete für den Heimtransport gibt.
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Ein gelungener Image-Wandel
Einige der Initiativen wirken auf Kritiker verdächtig. Keine Frage, Aufforderungen zum Energiesparen mit Vorhängen und Teppichen oder durch den Kauf eines teuren Induktionsherds sind natürlich offensichtliche Marketing-Strategien, aber die Korrektheit des Arguments bleibt davon letztendlich unberührt. Die Kernelemente der Agenda sind ferner visionär. Ob IKEA seine ambitionierten Ziele tatsächlich verwirklicht, bleibt abzuwarten. Falls ja, könnte das aber ein wirkungsvolles Signal an andere Großkonzerne sein.
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