Freitag, 6. Dezember 2024
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    Der Tag, an dem Artikel 13 Wikipedia verschwinden ließ

    Wikipedia ist weg.

    Statt der wie gewohnt weiß gehaltenen Seite, auf der User schnell das Geburtsdatum von John Lennon oder den ersten Tag des Zweiten Weltkriegs herausfinden können, sehen sie eine schwarze Wand. In einer Schrift, die ein wenig an Geheimdienstdokumente erinnert, warnt Wikipedia: „Dies ist unsere letzte Chance.“

    Dafür ist allerdings kein Hack verantwortlich. Vielmehr hat sich die Online-Enzyklopädie auf diese Weise dem Kampf gegen die neue EU-Urheberrechtsreform angeschlossen, der am 26. März zu einem zwischenzeitigen Höhepunkt kommen wird. Dann findet im Parlament der Europäischen Union die finale Abstimmung darüber statt, ob das neue Urheberrecht verabschiedet wird. Wir fragen uns: Ist das Internet danach noch frei?

    Das Problem mit Artikel 13

    Die Lager sind abgesteckt, die Fronten verhärtet, Meinungen prallen aufeinander. Ein Großteil der Kritik an der geplanten Reform bezieht sich auf die Artikel 11 und 13. Die eine Seite befürchtet eine immense Zensur und das Ende des freien Internets. Dagegen findet die andere Seite, dass sich das Internet von seiner „Wild West-Phase“ verabschieden müsse. Die Kurzversion: Artikel 11 würde dafür sorgen, dass Google, Bing und Konsorten für in ihren Suchmaschinen dargestellte News-Snippets zahlen müssten. An sich kein schlechtes Vorhaben, denn guter Journalismus will bezahlt sein. Artikel 13 wiederum würde Upload-Filter nach sich ziehen, sind die Kritiker überzeugt. Und genau das bietet Problempotenzial.

    Information society service providers that store and provide to the public access to large amounts of works or other subject-matter uploaded by their users shall, in cooperation with rightholders, take measures to ensure the functioning of agreements concluded with rightholders for the use of their works or other subject-matter or to prevent the availability on their services of works or other subject-matter identified by rightholders through the cooperation with the service providers. – ARTIKEL 13, Absatz 1

    Fair Use

    Im Klartext bedeutet das: Die großen Portale, etwa YouTube oder Facebook, können für Urheberrechtsverletzungen ihrer User mitverantwortlich gemacht werden. Nun zieht genau das allerdings ein gewisses Problem nach sich. Denn keine Website auf der Welt verfügt über einen Algorithmus, der urheberrechtlich geschütztes Material zuverlässig erkennen könnte. Die einzige Möglichkeit wären Uploadfilter, die Material bereits vor der Veröffentlichung untersuchen und gegebenenfalls gar nicht erst zulassen.

    Besonders die auf YouTube beliebten LetsPlays oder Reaction-Videos wären davon betroffen, denn diese bauen auf die Reaktion von Kanalinhabern auf „fremdes“ Material. Egal, ob es sich um Videospiele, News oder sonstige Thematiken handelt. Durch das Hinzufügen einer bestimmten Reaktion wird daraus jedoch „eigenes“ Material, also ein neu geschaffenes Werk – was weder die Technik hinter YouTube noch diverse Kunstschaffende oder eben auch Politiker bis dato verstanden haben, siehe Gerichtsurteil Ethan und Hila Klein gegen Matt Hoss.

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    „Wir sind keine Bots!“

    Die technischen Details haben die zuständigen Politiker jedoch nicht auf dem Schirm. So war zum Beispiel Axel Voss, einer der führenden Verfechter der Reform, in einem Vice-Interview der Meinung, dass Google über eine Meme-Rubrik verfüge. Eine Technologie, die Memes erkennt, müsste es demnach also geben. Und auch die Kritikfähigkeit bestimmter Entscheidungsträger scheint derzeit eher schwach. So bezeichnete Sven Schulze (ein CDU-Europaabgeordneter) die Gegenstimmen zur Reform pauschal als eine „Fake-Aktion“ von Google, woraus sich, heise zufolge, der Kampfruf „Wir sind keine Bots“ entwickelte. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte wiederum ließ durchblicken, dass er Kritik nur von Accounts mit einer gewissen Anzahl Follower annahm.

    Wikipedia schaltet sich ein

    Am Ende bleiben viele Fragen offen. Kommt mit Artikel 13 die massive Zensur, wie von Kritikern menetekelt? Sollte sich lieber eine internetaffinere Generation mit der Regulierung desselben auseinandersetzen? Oder brauchen wir die Reform, um Journalismus wieder zu alter Qualität zurückzuführen und Urheberrechtsinhaber zu schützen?

    „Gegen die Reform in ihrer gegenwärtigen Fassung protestieren auch rund fünf Millionen Menschen in einer Petition, 145 Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisationen, Wirtschafts- und IT-Verbände (darunter Bitkom, der deutsche Start-Up-Verband oder der Chaos-Computer-Club), Internet-Pioniere wie Tim Berners-Lee, Journalistenverbände sowie Kreativschaffende.“ – Auf der Hauptseite von Wikipedia

    Wikipedia jedenfalls steht auf der Kontra-13-Seite dieses Generationenkonflikts. Und gibt seinen Nutzern heute die vielleicht letzte Chance, Artikel 13 zu verhindern.

    Titelbild: © studiostoks / Fotolia.com

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