Freitag, 4. Oktober 2024
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    Versicherungsbranche: Hochbezahlt trotz hohem Verschleiß

    Schon mal über eine Stelle in der Versicherungsbranche nachgedacht? Es kann sich lohnen. Denn Vollzeitbeschäftigte haben laut Destatis (2017) einen durchschnittlichen Monatsverdienst von 5.874 Euro brutto. Und verdienen somit sagenhafte 40 Prozent mehr als die restliche Gesamtwirtschaft.

    Aber bevor eilig die angestaubten Bewerbungsmappen raus gekramt und Vorlagen fürs Anschreiben aus dem Netz gezogen werden. Die Fehlzeitquote 2017 lag bei astronomischen 6,3 Prozent. Mit ganzen 15,7 Tagen, also auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Aber, sich davon abschrecken lassen oder einsteigen?

    „Warum möchten Sie ausgerechnet bei uns anfangen?“

    Weil Sie gut zahlen wäre die ehrliche, hinter der Hand gemurmelte Antwort. Denn vergangenes Jahr belief sich der Bruttomonatsverdienst eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers im Versicherungsgewerbe (im Jahresschnitt) auf 5.874 Euro. Inklusive 1.023 Euro Sonderzahlungen. Dies zeigen aktuell vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Zahlen zu den durchschnittlichen Arbeitnehmerverdiensten 2017.

    Ein Anstieg zu 2016 um 1,8 Prozent. Somit liegt der Verdienstzuwachs mit 1,8 Prozent über dem Durchschnitt. Im Vergleich: Im Dienstleistungsbereich liegt der Durchschnittswert um rund 1.850 Euro niedriger. Im Bereich Sozialversicherung immerhin noch rund 1.600 Euro niedriger.

    Je größer, desto reicher

    Einer der wichtigsten Einflussfaktoren: Unternehmensgrößen. So die Experten der Personal- und Managementberatung Kienbaum. Ihrer Einschätzung nach ist es damit zu erklären, dass die Komplexität der Managementaufgaben mit zunehmender Unternehmensgröße steigt.

    Assekuranz im Abwärtsstrudel

    Allerdings sonderlich populär scheint die Versicherungsbranche nicht zu sein. Grund: Eher ungewiss. Ist das konservativ-trockene Image schuld? Oder die Anschuldigungen, dass Versicherungsangestellte die Versicherer um 250.000 Euro betrogen haben? Oder die gescheiterte Riester-Rente, die als Ladenhüter.

    Denn anders als der Bereich „Öffentliche Dienstleister, Erziehung, Gesundheit“, der ein Plus von 219.000 Arbeitnehmer (2,2 Prozent) verzeichnen konnte, beobachtet die IAB-Untersuchung in der Versicherungswirtschaft einen Abwärtstrend. So ging die Gesamtbeschäftigung im vergangene Jahr, laut dem Arbeitgeberverbands der Versicherungs-Unternehmen in Deutschland e. V. (AGV) in der deutschen Assekuranz abermals zurück. Und das zum achten Mal in Folge.

    Die ernüchternde Bilanz: Nicht einmal mehr 205.000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Eine neues 30-Jahres-Tief.

    “Chefs müssen allerdings merken, wenn die Stimmung kippt“

    Drei Hauptauslöser könnten dafür verantwortlich sein:

    1.)   Stellenabbau an großen Versicherungsstandorten
    2.)   Verdi konnte sich mit der Forderung nach einem „Zukunftstarifvertrag Digitalisierung“ im Streitpunkt der Digitalisierung nicht durchsetzen
    3.)   Überalterung der Versicherungsvermittler

    „Studien zeigen, dass ein gutes Betriebsklima wichtiger ist als Geld. Macht das Arbeiten Spaß, und fühlen sich Mitarbeiter fair bezahlt, dann ist alles prima. Ist das Betriebsklima schlecht, erwarten Mitarbeiter Schmerzensgeld. Als Ausgleich für nervige Kollegen, miese Chefs und mangelnde Wertschätzung. Die Ursache dafür sind meistens minderbegabte Führungskräfte. Oder fehlende Führungskultur im Unternehmen. Mein Rat: Nichts wie weg. Der Rat gilt auch für gute Führungskräfte, die gegen eine miese Kultur nicht ankommen“, so Hans Steup, Geschäftsführer von Versicherungs.Karrieren.de in einem Gespräch mit der Redaktion.

    Krank oder keine Lust

    Ob es nun das Alter, die dahinrasende Digitalisierung oder der alltägliche Stress im Umgang mit Menschen mit sich bringt, doch die Versicherungsbranche meldet sich oft krank.

    So konstatiert die AGV in ihrer Statistik, dass im Vergleich zu 2007 die Anzahl der Fehltage und die Fehlzeitquote, um mehr als ein Drittel anstieg. Ein weiteres Problem: Unbeständiger Personalbestand. So lag die durchschnittliche Fluktuation letztes Jahr bei 5,3 Prozent. Und somit auf dem höchsten Stand seit sechs Jahren. Dabei kündigt jeder vierte Mitarbeiter. Liegt es am Führungsstil? Durchaus, so Steup weiter.

    „Als Chef ist es nicht Ihre Aufgabe, Mitarbeiter zu kontrollieren und bei schlechten Leistungen anzuscheißen. Sie sind Führungs-Kraft. Also fangen Sie endlich an, zu führen. Sorgen Sie dafür, dass jeder Mitarbeiter seine Arbeit gut und gerne macht. Und dass jeder am nächsten Morgen wieder gerne ins Büro kommt. Sie sind kein Aufpasser. Und auch kein Boss. Sie sind der Diener Ihrer Mitarbeiter. Nur so verringern Sie Fehltage und halten gute Mitarbeiter von der Kündigung ab.“

    Ein knappes Fünftel der Abgänge ist durch einvernehmliche Vertragsauflösungen verursacht. Ein weiteres Siebtel durch Vertragsabläufe. Der Anteil der durch die Gesellschaften ausgesprochenen Kündigungen liegt bei nicht einmal einem halben Prozent.

    Bild: ©studiostoks/Fotolia

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