Mittlerweile mischt auch die Versicherungsbranche ganz oben mit, wenn es um die markantesten Werbekampagnen geht. Die Techniker Krankenkasse sorgte Anfang Februar für hitzige Diskussion. Grund ist das Aufklärungsvideo für Hodenkrebs-Früherkennung. Was sagt die Branche dazu? Endlich mal was Neues oder ein Griff ins Klo? Wir haben nachgefragt.
Hodenkrebs-Früherkennung mit Pornodarstellerin
Die Debatte dreht sich rund um einen Film, welcher eigentlich nur auf eines hinweisen soll: Hodenkrebs-Früherkennung. Die gesetzliche Techniker-Krankenkasse wählte dafür jedoch eine ganz besondere Art der Werbung.
Der Titel des Videos: „Der life-saving Handjob: So tastest du deine Hoden ab“. Die Handlung ist dabei deutlich an einen Vergnügungsfilm angelehnt. Es beginnt mit einem jungen Mann, der deutliches Interesse an der Protagonistin zeigt. In der Hauptrolle: Anny Aurora – Pornodarstellerin im echten Leben. Während die beiden die ersten Annäherungsversuche starten, unterbricht das Video kurz nach der Hälfte. Die Protagonistin fängt dann, mithilfe eines Gummihodens, an zu erklären, wie das Abtasten für die Hodenkrebs-Früherkennung funktioniert.
Bewusstes pornografisches Umfeld
In den sozialen Medien stößt die Kampagne auf viel Kritik – aber auch Befürworter. Besonders das Thema Sexismus steht im Raum.
Die TK selbst äußerte sich bereits zu der Kritik, welche das Video auslöste: „Eines möchten wir vorweg gerne deutlich machen: Diversität, Gleichstellung und respektvolles Miteinander sind uns sehr wichtig.“ Man habe „bewusst einen ungewöhnlichen Ansatz gewählt und die Aufklärung darüber in einem pornografischen Umfeld platziert.“ Doch auch dieses Statement sorgte für Aufregung.
Wir haben nachgefragt: Das sagt die Branche!
Uns interessiert: Was sagt die Branche zu dem viralen Video? Mutig oder daneben? Wir haben nachgefragt in den Gruppen: Versicherungsmaklerforum Deutschland, Versicherungsvermittler Deutschland und in den FinFluencern.
Heraus kam ein ziemlich eindeutiges Ergebnis. Von 194 Antworten (Mehrfachnennungen möglich) waren sich 157 einig: „Endlich traut sich die Branche was“. Das sind knapp 81 Prozent aller Befragten. Acht Vermittler fanden die Idee zwar gut, hätten den Film jedoch anders umgesetzt. Nur fünf Personen empfanden das Video als „sexistisch und nicht witzig“. Vier weitere empfinden den Clip als „cringe“, was in er Jugendsprache (Jugendwort des Jahres 2021) so viel wie „zum Fremdschämen“ bedeutet. Ebenfalls vier Vermittler sind der Meinung, dass die Werbung seinen Zweck erfüllt. Der Rest der Befragten hat zur Kampagne keine Meinung oder kennt den Spot nicht.
„Vor 10 Jahren hätte jeder darüber gelacht“
Neben den Umfrageergebnissen teilten die Vermittler in den Kommentaren auch ihre Meinung zur Kampagne mit. Siegfrid Perini, Finanzierungsspezialist bei Perini Finance&Property, ist der Meinung: „Vor 10 Jahren hätte jeder darüber gelacht. Heute ist das out und wird als sexistisch gebrandmarkt.“ Auch Andreas Sutter sieht das ähnlich. Der Zweck heilige laut ihm nicht die Mittel. „Der Spot ist gleichermaßen frauen- wie männerverachtend. Und zeigt damit ein sehr merkwürdiges Menschenbild der Verantwortlichen.“ Besonders ärgerlich findet er, da das Geld der Versicherten dafür verschwendet wurde. Bastian Kunkel (Versicherungen mit Kopf), Versicherungs-YouTuber, schließt sich der Meinung der beiden an:
„Die TK hätte es besser wissen müssen … Ich drücke es mal so aus: Mega Idee, die aber in unserer aktuellen Gesellschaft mit Genderwahnsinn und Co. nur nach hinten losgehen konnte“.
Marco Sagemann, Trainer bei der Allianz sieht das anders. Laut ihm habe die TK offensichtlich alles erreicht, was sie wollte.
„Coole Marketingabteilung“,
lautet sein Fazit. Auch Guido Lehberg, der BU-Profi, ist der Meinung, dass die TK alles richtig gemacht hat, da sie die nötige Aufmerksamkeit brachte.
Übrigens: Die Techniker Krankenkasse hat das Video „der live-saving Handjob“ mittlerweile aus der Öffentlichkeit genommen.
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