„Gar nicht schlecht“, war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf ging, als die neue Web-Serie der VHV Gruppe (in diesem Fall Hannoversche) über meinen Bildschirm flimmerte. Ab sofort ist nämlich der Super Solid Social Squad für den Versicherer im Neuland Internet unterwegs. Dem humoristischen Zeitgeist angemessen ist die Kampagne natürlich komplett selbstironisch.
Der Super Solid Social Squad, übrigens verkörpert von echten Angestellten der Hannoverschen, ist die fiktive, neu-geschaffene Social Media Einheit des Unternehmens. Geleitet vom kickrollernden und VR-Brille tragenden Projektleiter Thomas, soll das Team jetzt „Klicks, Shares und Likes“ generieren. Denn das ist wichtig – hat Thomas zumindest in einem Buch gelesen. Nach der Erkenntnis tauscht er direkt das weiße Hemd und die Krawatte gegen ein T-Shirt mit Microsoft Internet Explorer Logo. Witzig. Ernsthaft.
„Dazu sagen wir jetzt ‚nice‘“
Jung von Matt/Spree nimmt im Auftrag der VHV Gruppe gezielt den Stereotyp des Versicherungsmitarbeiters auf die Hörner. Pointe: „Wir können vielleicht kein Social Media. Aber dafür besonders solide versichern.“ Und genau an der Stelle hakt es etwas. Denn trotz der teilweise wirklich lustigen Passagen der ersten Folge („Klingt gut!“ – „Dazu sagen wir jetzt ‚nice‘.“), bleibt durch diese Botschaft ein Werbe-Beigeschmack, an dem sich auch die jüngere Zielgruppe stören könnte.
MC Fitti wirbt für LVM
Die Zielgruppe, auf die auch die LVM mithilfe der namhaften Agentur Kolle Rebbe jüngst zur Offensive geblasen hatte. Mit einer groß angelegten Kampagne rund um Spaß-Rapper MC Fitti („30 Grad“, „Fitti mit dem Bart“) wollen die Münsteraner ihre „Brand Awareness steigern, um besonders junge Kunden zu gewinnen und langfristig zu binden“ erklärt der Abteilungsleiter Kommunikation Marko Feldbaum gegenüber der W&V. Unter dem Slogan: „Versichern nervt. Nicht versichert zu sein aber noch viel mehr.“ Grundsätzlich kein schlechter Ansatz. Aber: Die Zielgruppe ab 18, die primär auf TikTok rumhängt, dürfte mit MC Fitti nichts mehr anfangen können. Schließlich hatte er seine Hype-Phase schon 2012. Kurz zurückgerechnet: Da waren die heute 18-Jährigen elf Jahre alt. Dazu die volle Ladung neon. Ein Fall von: „Auf sowas stehen die jungen Leute heutzutage doch“? Vielleicht.
Kampagnen vergebene Liebesmüh?
Sowohl die Hannoversche als auch die LVM haben für ihre aktuellen Kampagnen, zumindest mutmaßlich, ordentlich Kohle in die Hand genommen. Und trotz guter Ansätze, bleiben beide Kampagnen ein bisschen „onkelig“ und irgendwo symptomatisch für die Avancen der Assekuranz in Richtung der jüngeren Zielgruppe. Und so parodiert sich die Branche ungewollt mal wieder ein Stück weit selbst. Aber wer weiß: Vielleicht sind die Kampagnen trotzdem erfolgreich.
Titelbild: ©studiostoks/fotolia.com