Na, bereits Post bekommen? Nein? Glück gehabt. Schon am 25. Mai gingen bei den ersten Anwälten kostenpflichtige Rechtsbelehrungen ein. Der Grund: Die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Ziele der Abmahnungen waren Unternehmen, die es noch nicht geschafft hatten, die Richtlinien rechtzeitig umzusetzen. Postwendend schlug die Konkurrenz zu. So heise.de.
Demnach wurden die Verwendung von Google Analytics ohne Opt-in-Variante sowie fehlende Datenschutzhinweise beanstandet. Doch sind derlei Praktiken aus wettbewerbsrechtlichen Gründen überhaupt koscher? Diverse Anwälte beruhigen: Nein. Sogenannte „Abmahnwellen“ durch die neuen Verordnungen wird es nicht geben.
„Lasst sie uns aus dem Weg räumen!“
Auch wenn Abmahnungen dieser Art ihre Berechtigung aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ableiten, sind sie nach dem Inkrafttreten der DSGVO nicht rechtens. Es gibt kein Gesetz, das Unternehmen dazu ermächtigt, ihre Konkurrenten wegen DSGVO-Verstößen abmahnen oder verklagen zu dürfen. Eine wirkliche Rechtsprechung fehlt in Deutschland allerdings bisher.
Der Rechtsanwalt Matthias Hechler äußert sich gegenüber t3n eindeutig: „Verstöße gegen die DSGVO berechtigen Mitbewerber weder zur Abmahnung oder Klageerhebung.“
Durchatmen? Gewiss, doch sollten die Hände nicht allzu tief in den Hosentaschen verschwinden. Denn laut Statista-Erhebung (Quelle: DSGVO-Studie / absolit.eco) sind viele Branchen noch lange nicht soweit, um sich mit dem „Richtlinienkonform-Siegel“ schmücken zu dürfen.
Quelle: Statista.comAnwälte aktivieren Abwehrkräfte?
Klar, dass ein derart kontroverses Thema gegensätzliche Meinungen erzeugt. So bewertet Benedikt Schweinfurth, Datenschutzexperte bei der Berliner Anwaltskanzlei Hyazinth, die Angelegenheit anders:
„Das große Momentum, das die DSGVO nicht nur bei europaweit fast allen Unternehmen, sondern mittlerweile auch in den Medien aufgenommen hat, spricht dafür, dass es durchaus zu einer erhöhten Zahl an Abmahnungen kommen wird. Eine entscheidende Rolle wird hierbei die große Rechtsunsicherheit spielen. Viele Vorschriften arbeiten mit weiten, teils noch nicht ausreichend konturierten Formulierungen.“
Berlin vs. Frankfurt vs. München
„Wir rechnen nicht damit, dass es zu einer ‚Abmahnwelle‘ kommen wird. Das halten wir für Panikmache“, so Christian Weber von WeSaveYourCopyrights aus Frankfurt.
Die Kanzlei von Christian Weber geht ebenfalls nicht davon aus, dass in den kommenden Wochen und Monaten derartige Lawinen ins Rollen kommen. Auch Björn Frommer, Rechtsanwalt der Waldorf Frommer München, einer der größten Abmahnkanzleien Deutschlands, stimmt zu. Seine Argumentation: Zu aufwendig.
„Das ist juristisch kein Geschäftsmodell, das man ernsthaft befürchten müsste. Denn viele Fragen lassen sich selbst von Experten nicht eindeutig beantworten. Anwälte, die hier ein Abmahnmodell für sich sehen, werden sicher schnell, spätestens vor Gericht, ihr blaues Wunder erleben.“
„Wieso, weshalb, warum, … wer nicht fragt, bleibt dumm!“
Und mittellos. Denn die Strafen für Datenschutzverstöße wurden ab dem 25. Mai saftiger. Die Höchststrafe (laut datenschutz.org) für Unternehmen und Organisationen bei Nichteinhaltung nach Art. 83 (5) DSGVO wird bis zu 20 Millionen Euro betragen. Maximal vier Prozent des jährlichen weltweiten Umsatzes.
Die Lösung: Alle personenbezogenen Daten löschen, Visitenkarten verbrennen und das Unternehmen dicht machen? Nein. Es geht auch einfacher.
Spezialisten, Fachjuristen und Checklisten
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Grundsätzlich empfiehlt sich eine individuelle und persönliche Auseinandersetzung mit den Richtlinien, Voraussetzungen und Konsequenzen. Doch selbst durch den Dschungel der amtsdeutschen Juristensprache zu waten muss nicht sein. Deswegen unbedingt einen Fachmann kontaktieren.
Weitere helfende Tipps:
Der Leitfaden der Europäischen Kommission zur Umsetzung der DSGVO oder eRecht24 Premium.
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