Donnerstag, 28. März 2024
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    Björn Thorben M. Jöhnke: Dürfen Makler sich „unabhängig“ nennen?

    Ein neuer Werbefilm der Stuttgarter Versicherung sorgt aktuell im Netz für einige Diskussion. Aber worum genau geht es? Der an Endkunden gerichtete Film soll erklären, welche Dienstleistungen der Versicherungsmakler seinen Kunden bietet. Und was ihn von anderen Vermittlern unterscheidet. So heißt es im Video: „Einzig Ihren Interessen verpflichtet: Ihr unabhängiger Versicherungsmakler.“

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    Und hier liegt der Knackpunkt: Das Wording im Video, genauer der Begriff „unabhängig“, löst Gesprächsbedarf aus. In der geschlossenen Facebook Gruppe „Der Versicherungsmakler“  fragt ein Gruppenmitglied in die Runde: „War der Begriff “unabhängig” nicht den Honorarberatern vorbehalten?“ – Die anschließende Diskussion (hier für alle Gruppenmitglieder nachzulesen), zeigt: Zu dem Thema herrscht große Unklarheit. Sind Makler unabhängig? Oder eher: Dürfen sie sich so bezeichnen? Gab es da nicht mal ein Urteil zu dem Thema?

    Sind Makler unabhängig oder nicht?

    Deshalb haben wir direkt beim Experten für Rechtsfragen bei Vermittlern, Björn Thorben M. Jöhnke, von der Kanzlei Jöhnke & Reichow in Hamburg nachgefragt.

    Redaktion: Herr Jöhnke, warum herrscht Unklarheit darüber, ob Makler sich als unabhängig bezeichnen dürfen?

    Björn Thorben M. Jöhnke: Unklarheit herrscht deswegen, da es keine entsprechenden Gerichtsurteile gibt, die Rechtssicherheit für die Makler geben. Folglich müssen sich Versicherungsvermittler die Fragen stellen, ob sie einen derartigen oder entsprechenden Claim wie „unabhängig“ etwa auf der Webseite, im Unternehmensnamen und (oder) in Firmenlogos verwenden wollen.

    „Auch ist hier ein deutlicher Unterschied bei den Vermittlern zu machen, nämlich danach, ob der Vermittler ein Versicherungsvertreter oder ein Versicherungsmakler ist.“

    Der Versicherungsvertreter – ob Einfirmenvertreter oder Mehrfirmenvertreter – kann zum Beispiel nicht „unabhängig“ sein, denn er steht im Lager des Versicherers, nicht im Lager des Kunden. Dieses ergibt sich auch aus dem Gesetz (vgl. § 70 VVG). Auch ein jüngst durch unsere Kanzlei erstrittenes Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27.9.2018 – Az. 315 O 418/17 – bestätigt unsere Rechtsansicht, dass Versicherungsvertreter sich nicht „unabhängig“ nennen können.

    Redaktion: Sind Makler als Interessenvertreter ihrer Kunden nicht automatisch unabhängig?

    Björn Thorben M. Jöhnke: Die Argumentation geht bei Maklern meist dahin, dass er Courtagen – und damit die Vergütung für die Vermittlung – vom Versicherer erhält, nicht vom Kunden. Das unterminiert demzufolge seine „Unabhängigkeit“, denn Versicherer zahlen ja gerade auch unterschiedliche Courtagehöhen. Gegenargumentation ist dabei natürlich auch, dass der Makler als „Sachwalter des Kunden“ in dessen Lager steht. Nicht wie der Vertreter im Lager des Versicherers. Welche Argumente greifen, werden die Gerichte zu bewerten haben.

    Redaktion: Wie ist hier die aktuelle Rechtslage?

    Björn Thorben M. Jöhnke: Die diesbezügliche Rechtslage ist bedauerlicherweise ungewiss. Vielleicht ist das auch gut so, denn sofern gerichtliche Entscheidungen vorliegen, müssten Versicherungsmakler entsprechend reagieren. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis neue gerichtliche Verfahren dadurch entstehen, dass Konkurrenten sich gegenseitig abmahnen. Beispielsweise dafür, dass der Begriff „Unabhängigkeit“ auf der Webseite verwendet wird.

    „Neue Verfahren sind nur eine Frage der Zeit.“

    Bislang gab es nur wenige gerichtliche Entscheidungen hinsichtlich einer etwaigen „Unabhängigkeit“:

    Durch ein Urteil des Landgerichts Hannover vom 30.6.2009 wurde dem AWD damals untersagt, weiter mit dem Wort „unabhängiger“ in seinem Claim „Ihr unabhängiger Finanzoptimierer“ zu werben. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass aus wirtschaftlicher Sicht Swiss Life als beherrschendes Unternehmen einen Einfluss auf den AWD nehmen könnte. Dieses Urteil beantwortet jedoch nicht die Frage, ob ein Makler – der keine entsprechenden Unternehmensbeteiligungen hat – mit „Unabhängigkeit“ werben darf.

    Ein weiteres Verfahren fand vor einem Oberverwaltungsgericht statt. Mit Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 31.03.2017 – Az. OVG 1 N 41.15 – wurde festgestellt: Ist der vertretungsberechtigte Geschäftsführer einer Versicherungsmaklergesellschaft mit dem vertretungsberechtigten Geschäftsführer einer Versicherungsberatergesellschaft personenidentisch, fehlt es an der nach § 34e Abs. 1 Satz 1 GewO (alte Fassung) notwendigen Unabhängigkeit des Versicherungsberaters. Auch dieses Urteil gibt wenig Aufschluss über die Frage, ob ein Makler – der nicht auch Versicherungsberater sein möchte – mit „Unabhängigkeit“ werben darf.

    Vor diesem Hintergrund bleiben gerichtliche Entscheidungen abzuwarten.

    Redaktion: Warum ist das überhaupt relevant für Makler?

    Björn Thorben M. Jöhnke: Versicherungsvermittler werben gern mit ihren Tätigkeiten und stellen diese auch positiv dar. Das ist absolut nachvollziehbar, denn gerade dafür sind Webseiten im Zeitalter des digitalen Vertriebs da. Versicherungsmakler versuchen sich dabei sehr häufig von den Versicherungsvertretern abzugrenzen, was auch rechtlich nachvollziehbar ist. Hierfür werden so dann sehr häufig Begriffe verwendet, die möglicherweise falsch sind und (oder) auch den Wettbewerb verzerren könnten. Ob das dann tatsächlich so ist, ist dann die Prüfungsaufgabe eines Tatrichters des so dann erkennenden Gerichts.

    Man darf dabei aber auch nicht diejenigen Versicherungsvertreter – ob gebunden oder ungebunden – vergessen, die sich eventuell auch dadurch wettbewerbswidrig verhalten, dass sie sich als Versicherungsmakler darstellen, obwohl sie keine entsprechende Erlaubnis besitzen.

    „Von daher besteht im Ergebnis viel rechtliches Streitpotenzial in der Vermittlerbranche.“

    Redaktion: Welche Konsequenzen drohen, sofern Vermittler die Bezeichnung „unabhängig“ nicht führen dürfen, es aber dennoch tun?

    Björn Thorben M. Jöhnke: Dem Vermittler – also sowohl dem Vertreter, als auch dem Makler – drohen weitreichende und kostenintensive Konsequenzen, sofern mit entsprechenden Bezeichnungen geworben wird und ein Gericht dieses als Wettbewerbsverstoß bestätigt. Abmahnungen sowie einstweilige Verfügungen – gerichtet auf Unterlassung – nebst Hauptsachverfahren sind sehr teuer. Um diese Risiken zu umgehen, sollte der Vermittler auf derartige Begrifflichkeiten verzichten, beziehungsweise „bewusst“ mit der Verwendung umgehen.

    Titelbild: © Kanzlei Jöhnke & Reichow

    Beitragsvideo: ©Die Stuttgarter Versicherung/YouTube

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