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Mehr Lust auf Arbeit: Licht beeinflusst die Hormone
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Im größten lichtdynamischen Bürohochhaus der Welt arbeiten 700 Mitarbeiter unter Beleuchtung, die ihren Hormonspiegel beinflusst.

Von FOCUS-Redakteurin Birte Siedenburg

Atemberaubende Wintermorgende erlebt die Hamburgerin Elina Reinholtz an klaren Tagen an ihrem Arbeitsplatz. Aus ihrem Büro in der elften Etage genießt die Management-Assistentin einen fantastischen Blick bis zum Horizont auf die aufgehende Sonne – ein warm-roter Lichtluxus, der die Seele streichelt, vielen Menschen aber meist entgeht.

Die 29-jährige indes kommt sogar bei miesem Wetter in den Genuss eines ganz besonderen Lichts: Ihr Schreibtisch steht im weltweit ersten Bürohochhaus mit komplett dynamischer Beleuchtung: Je nach Tageszeit verändern die Lampen an der Decke ihre Helligkeit und Farbe.

Kunstlicht im Rhythmus der Sonne

Die Innenbeleuchtung der neuen Deutschlandzentrale der Philips GmbH in Hamburg imitiert das sich im Tagesverlauf variierende natürliche Licht der Sonne. Während in herkömmlichen Büros die Neonleuchten an den Decken bestenfalls zu dimmen oder einfach nur an- und auszuschalten sind, verändert das Licht in dem sechzehnstöckigen Büroriesen mindestens drei Mal am Tag seine Farbe und Intensität.



700 Biorhythmen, die gleich ticken

Bläuliches Licht am Morgen, warmweißes helles Licht gegen Mittag und abends ein Schuss mehr gedämpftes Rot. Das soll das Wohlbefinden der 700 Mitarbeiter steigern und gleichzeitig die Konzentration am Arbeitsplatz erhöhen – zentral gesteuert durch einen nach modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen vorprogrammierten Einheitsplan. Denn natürliches Tageslicht beeinflusst den Biorhythmus des Menschen. Je harmonischer Kunstlicht daher darauf abgestimmt ist, desto weniger strengt es den Menschen an, obwohl er am Arbeitsplatz zu wenig vom natürlichen Lichtwechsel des Tages mitbekommt.

Das Auge steuert die biologische Uhr

Etwa 80 Prozent aller Informationen erreichen uns über unsere Augen. Je schlechter das Licht, desto angestrengter und desto weniger sehen wir. Eigentlich nichts Neues. Verantwortlich für unsere Sehgewohnheiten sind die zwei Stäbchen und Zapfen genannten Zelltypen in der Netzhaut. Im Jahr 2002 entdeckten amerikanischen Forscher jedoch einen dritten Zelltypen, den Photorezeptor. Der löst je nach Helligkeit und Farbe des Lichts unterschiedliche elektrische Impulse aus, die über Nerven direkt auf unsere biologische Uhr im Gehirn und die unten am Hirn anhängende Zirbeldrüse einwirken.

Die biologische Uhr steuert im Tages- und Jahresverlauf Biorhythmen wie Körpertemperatur, Aufmerksamkeit und die Wechselwirkung von dem Schlafhormon Melatonin mit dem Stresshormon Cortisol. Die Zirbeldrüse produziert das Melatonin. Damit entdeckten die Forscher quasi den Hebel, über den Licht wach oder müde machen kann.

Schwaches Licht macht müde

Büro-Müdigkeit nach dem Mittag, so der Stand der Wissenschaft heute, hat also nicht nur mit dem vollen Bauch, sondern auch mit zu schwachem, kalten Bürolicht zu tun, das auf die körpereigenen Hormone so einwirkt, dass der Mensch müde wird. Während blaues, kühles Licht am Morgen aktiviert, indem es dafür sorgt, dass statt des Schlafhormons Melatonin nun vermehrt Cortisol im Körper ausgeschüttet wird, sollte die Beleuchtung nach dem hellweißen Mittagslicht zum späten Nachmittag hin in seiner Farbe immer wärmer werden. Dann fühlt sich der Mensch am wohl und arbeitet konzentrierter.

Mehr Lux, mehr Lust

Richtig geplant kann die Beleuchtung also einen stimulierenden Effekt haben. Das lässt sich insbesondere bei Nachtarbeit messen. Normalerweise lässt die Aufmerksamkeit in den Stunden nach Mitternacht besonders stark nach. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich diese normale Veränderung jedoch stark abschwächt, wenn die Beleuchtungsstärke von 250 Lux auf 2800 Lux gesteigert wird. Zum Vergleich: Normale Wohnraumbeleuchtung hat eine Stärke von rund 100 bis 200 Lux.

Neue Epoche des Lichts

„Beleuchtung ist intelligent geworden“, findet Robert Pfarrwaller, Chef des Unternehmensbereichs Lightning der Philips GmbH. Die Umsetzung dieser neuen photogenen Schlauheit in die Bürowelt steht noch absolut am Anfang. Neben einer Bank in Holland und zwei, drei kleineren Beispielen nutzt bislang noch kein Unternehmen konsequent diese neuen Erkenntnisse der Lichtforschung. „Das war mit gesunden Büromöbeln ganz genau so“, erklärt Pfarrwaller. Anfangs hätte kaum ein Firmenchef dafür Geld ausgeben wollen, heute ließe sich kein Mitarbeiter mehr mit krankmachendem Mobiliar abspeisen.

Rund 20 Prozent mehr als herkömmliche Beleuchtung kostet ein dynamisches Lichtsystem. Eine Investition, die sich durch höhere Produktivität, weniger Fehler sowie mehr Wohlbefinden und dadurch weniger Krankenstand der Mitarbeiter dennoch rentieren könnte. Ob die Mitarbeiter den finanziellen Mehraufwand indes tatsächlich auch wertschätzen, steht auf einem anderen Blatt.

Individualisten haben keine Wahl

Im Philips-Hochhaus im Hamburger „In-Stadtteil“ St. Georg sind noch nicht alle Mitarbeiter von dem modernen Licht begeistert. Einige trauern gar ihren „guten, alten Tischlampen“ nach. Die sind in der Eingewöhnungsphase des neuen Systems momentan sogar verboten. Ähnlich wie zentrale Temperatur-Steuerung durch Klimaanlagen ist auch zentral bestimmtes Licht nicht jedermanns Sache.

„Man muss schon bewusst hinschauen, um die Veränderung der Beleuchtung im Verlauf des Tages zu bemerken“, beobachtet hingegen die vom Sonnenaufgang verwöhnte Elina Reinholtz. Sie empfindet das neue Kunstlicht weniger ermüdend als früher. Ihre Erkenntnis nach den ersten Wochen: „Mangelnden Schlaf wird das dynamische Licht wohl nicht ersetzen können.“ Pech für Partygänger.
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