Streit ums Kleingedruckte : Frontalangriff auf Check24
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Fachleute bezweifeln, dass Verbraucher auf Check24 gut beraten werden. Bild: dpa
„Intransparent und irreführend“: Versicherungsvertreter werfen Check24 vor, Verbraucher zu täuschen. Und drohen dem erfolgreichen Vergleichsportal mit einer Klage.
Das Kleingedruckte in Versicherungsverträgen ist Verbraucherschützern seit jeher ein Ärgernis. Versicherungskaufleute wiederum ärgern sich seit geraumer Zeit über zu klein Geratenes im Internet: Konkret geht es um das Vergleichsportal Check24, das jedes Jahr Versicherungsverträge in Milliardenhöhe vermittelt, seine Maklertätigkeit aber eher im Kleingedruckten verschleiert. Es ist nur ein Satz, der nach Einschätzung des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) viel größer, ausführlicher und weiter oben auf der Check-24-Website stehen müsste: „Erstinformation – Check-24 ist immer für Sie da, Ihr unabhängiger Versicherungsmakler und vielfacher Testsieger“, heißt es lapidar. Wird das blau hinterlegte Wort angeklickt, öffnet sich ein Fenster mit der „Information nach §11 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV)“. Das alles sei völlig intransparent und verstoße zudem gegen die Rechtsprechung, behauptet Verbandspräsident Michael Heinz. Denn: „Check24 ist eine Verkaufsmaschine“, sagt Heinz gegenüber dieser Zeitung.
Der Streit zwischen dem Online-Portal und den Versicherungskaufleuten, zwischen der digitalen und analogen Welt, dauert seit mehr als zwei Jahren an und gipfelte in einem Urteil des Oberlandesgerichts München im Sommer 2017, das dem BVK in weiten Teilen recht gab. Heinz reicht das nicht: „Nach unserer Auffassung hat Check24 das Gerichtsurteil zur Erstinformation nicht richtig umgesetzt. Der Verbraucher schlittert nach wie vor in den Verkaufsprozess, ohne zu merken, dass Check24 für die Vermittlung von Versicherungen Provisionen kassiert.“ Inzwischen läuft ein Ordnungsmittelverfahren, an dessen Ende Check24 womöglich eine Vollstreckungsstrafe zahlen könnte.
Bei dem Münchner Online-Unternehmen, das sich auch erfolgreich gegen die Forderung von Verbraucherschützern wehrt, die Provisionen offenzulegen, sieht man dem Verfahren betont gelassen entgegen. „Der Rechtsrahmen ist noch nicht abschließend geklärt“, sagt Unternehmenssprecher Daniel Friedheim. Check24 hat nach seiner Auffassung alle Vorgaben des Gerichts umgesetzt. Dagegen habe der BVK mit dem Ordnungsmittelantrag eine völlig neue Rechtsfrage eröffnet, und zwar nach dem Zeitpunkt für die Übermittlung der Erstinformation. Laut Gesetzgeber besteht eine Informationspflicht „beim ersten Geschäftskontakt“.
Tatsächlich wird der Kunde auf die eigene Maklertätigkeit erst in dem Moment hingewiesen, wenn er auf dem Portal beim gewünschten Versicherungsvergleich seine E-Mail-Adresse eingibt. „Das ist der erste Geschäftskontakt“, sagt Friedheim. „Erst dann wird ein Interessent zu einem echten Kunden, wenn er seine persönlichen Daten preisgibt. Daran müssen wir uns orientieren.“
„Klassische Irreführung des Verbrauchers“
All das klingt wie der juristische Streit ums Kleingedruckte. Doch dem BVK geht es ums Grundsätzliche: Er prangert die Geschäftsmethoden des Online-Portals an. Schon die dortigen Vergleiche suggerierten dem Verbraucher eine Transparenz und Vollständigkeit, die es in Wahrheit gar nicht gebe. Große Versicherer wie die Allianz oder HUK Coburg verweigern Check24 die Zusammenarbeit und tauchen deshalb in den Vergleichen nicht auf. Zudem muss aus Sicht des BVK befürchtet werden, dass bei der Reihenfolge der Ergebnisse die Höhe der Provision eine Rolle spiele. „Wir meinen, das ist klassische Irreführung des Verbrauchers“, sagt Heinz. Der Verbandspräsident denkt auch schon an den nächsten juristischen Schachzug gegen Check24.
Anlass gibt die Umsetzung der sogenannten EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie, die vom 23. Februar an verbindliche Beratungs- und Transparenzpflichten gegenüber den Versicherten vorschreibt. Heinz bezweifelt, dass Kunden, die mit ein paar Klicks im Check-24-Tarifrechner zum Angebot geleitet werden, eine umfassende Beratung erhalten. „Eine echte Beratung mit einem Verbraucherschutz, der diesen Namen auch verdient, ist ohne den Dialog mit einem Versicherungsvermittler nach unserer Auffassung nicht denkbar. Nur ein paar Multiple-Choice-Fragen zu beantworten reicht bei weitem nicht aus. Wir werden in jedem Fall ganz genau beobachten, wie Check24 nach dem 23.Februar die Kunden beim Versicherungsverkauf berät“, sagt Heinz. „Notfalls könnten wir ja auch ein neues Gerichtsverfahren anstrengen.“
Nun sieht die neue Richtlinie auch einen Beratungsverzicht des Kunden vor. „Darauf darf ein Unternehmen aber nicht sein Geschäftsmodell aufbauen“, hält Heinz entgegen. „Ein Anbieter darf dem Kunden nicht seine Rechte nehmen.“ Auch hier gibt sich Check24 gelassen. Im Vorgriff auf die neue Richtlinie hat der Marktführer angekündigt, seine gut 200 Versicherungsberater nach den EU-Vorgaben weiterzubilden, wie Friedheim sagt. Vom 23. Februar an seien alle Versicherungsvermittler verpflichtet, mindestens 15 Stunden pro Jahr in die eigene Weiterbildung zu investieren, und die Check24 Services GmbH sei als eines der ersten Vergleichsportale schon jetzt akkreditierter Bildungsdienstleister bei der Brancheninitiative „Gut beraten“.
Das alles zum Wohle des Verbrauchers, heißt es bei Check24 wie bei den Versicherungskaufleuten. Beide Seiten, so sieht es aus, werden sich wohl schon bald wieder vor Gericht treffen.