Anlegerschutz "Mifid II" deckt Kosten auf

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Während bei Banken und Investmenthäusern noch große Unsicherheit herrscht, feiert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) das seit dem 3. Januar geltende neue Recht Mifid II als deutlich besseren Verbraucherschutz. Mit Mifid II gebe es vor allem beim Vertrieb und in der Konzeption von Anlageprodukten einen „Paradigmenwechsel“.

„Die nun geltende Zielmarktbestimmung stellt bereits ganz am Anfang des Lebenszyklus eines Produkts wichtige Weichen für einen kundengerechten Vertrieb“, kommentiert Bafin-Exekutiv-Direktorin Elisabeth Roegele die neuen Regeln. Vom Vertrieb werde nun erwartet, dass er den vom Hersteller vorgegebenen Zielmarkt kritisch prüft, angesichts seines Kundenstamms konkretisiert und dies praktisch umsetzt. In einer Geeignetheitserklärung muss der Vermittler die Gründe darlegen, warum bestimmte Produkte für den Kunden aufgrund seiner Anlageziele und seines Risikoprofils geeignet sind. Das neue Recht gilt für den Vertrieb von Aktien, Fonds, Anleihen oder Zertifikaten.

In der Praxis weiterhin Provisionen?
Vor allem gibt es eine vollkommen neue Kostentransparenz. Wertpapierdienstleister müssen unaufgefordert die Gesamtkosten von Produkten und Dienstleistungen sowie deren Auswirkungen auf die Rendite darstellen. „Die Kosten sind dabei nach den Kosten für das Produkt und für die Dienstleistungen zu differenzieren. Zusätzlich sind Zuwendungen auszuweisen, die der Wertpapierdienstleister von dritter Seite erhält“, erläutert die Bafin. „Bisher war es für Anleger kaum möglich herauszufinden, wie viel ein Berater am Abschluss eines Geschäfts verdient. Jetzt müssen die Provisionen und anderen Kosten detailliert aufgeschlüsselt werden“, stellt die "Wirtschaftswoche" fest. Das sei für Anleger aus zwei Gründen entscheidend. Einmal, weil Kosten die Rendite mindern.

Zum anderen könnten verlockende Provisionen aus der Kasse des Wertpapieremittenten den Berater auch dazu verführen, Kunden schlechte Finanzprodukte anzudrehen. Gleichzeitig werde es in der Praxis aber trotz eines Verbots durch eine allgemein formulierte Ausnahmeregel  weiterhin Provisionen geben. Mit der standardisierten transparenten Kosteninformation sollen aber „Auswüchse im Provisionswesen“ verhindert werden.

Freie Finanzberater ohne Rechtsgrundlage
Laut "Handelsblatt" ist weiterhin unklar, wie streng die rund 39.000 freien Finanzberater für Geldanlage, die nicht einer Bank oder Versicherung angehören und der Gewerbeordnung unterliegen, künftig reguliert werden. Noch sei die notwendige Verordnung nicht in Sicht. Als besonderer Kostenfaktor gilt, dass künftig die elektronische und telefonische Beratung aufgezeichnet und fünf Jahre archiviert werden muss. Besonders freien Beratern könnten diese Kosten schwer zu schaffen machen. Auf Verlangen der Kunden müssen die Unternehmen die Aufzeichnungen herausgeben. „So können Verbraucher die Inhalte des Gesprächs und damit insbesondere die Risikoaufklärung exakt nachvollziehen“, erläutert die Bafin. Experten rechnen daher künftig mit einer deutlich höheren Klagequote.

Vor allem wenn das Geschäft für den Kunden schlecht läuft, dürften öfter Verträge angefochten werden. Widersprechen Kunden übrigens künftig einer Gesprächsaufzeichnung, muss die Beratung wieder klassisch persönlich erbracht werden.

Behördlicher Produktstopp möglich
Die Bafin verweist zudem darauf, dass der Verbraucherschutz auch durch das Recht zur Produktintervention gestärkt sei. Gibt es bei Produkten Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes oder sehen die Aufsichtsbehörden Gefahren für das ordnungsgemäße Funktionieren, die Integrität oder die Stabilität der Finanz- und Warenmärkte, kann die Vermarktung, der Vertrieb und Verkauf verboten oder beschränkt werden. Neben den nationalen Aufsichtsbehörden kann auch die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA aktiv in den Vertrieb von Produkten eingreifen.

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Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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