Panorama

Solidarität in Zeiten von Corona Fahrlehrer beliefert Ältere mit Klopapier

Klopapier ist seit dem Ausbruch des Coronavirus heiß begehrte Ware.

Klopapier ist seit dem Ausbruch des Coronavirus heiß begehrte Ware.

(Foto: Rene Traut/dpa/Archivbild)

Klopapier ist derzeit häufig ausverkauft. In Nordrhein-Westfalen hat ein Fahrschullehrer deshalb seine Fahrschule in einen Lieferservice umgewandelt und bringt das Mangelprodukt bis an die Haustür. Damit gewinnt er die Herzen der Bürger - und soll jetzt sogar ihr neuer Bürgermeister werden.

Immer mehr Menschen beweisen in diesen Tagen Solidarität ihren Mitbürgern gegenüber. Einer von ihnen ist Marc Höcker. Er hat seine Fahrschule in einen Lieferservice umfunktioniert und beliefert Ältere und Hilfsbedürftige mit Lebensmitteln, wie das "Westfalen-Blatt" berichtet. Für die Menschen in seiner Heimatstadt Bünde ist Höcker so etwas wie ein neuer Held - einige hätten ihn sogar gefragt, ob er nicht als Bürgermeister kandidieren will, berichtet der "Stern". Dabei wollte der 49-Jährige eigentlich nur helfen, nachdem seine Fahrschule aufgrund der Corona-Krise dichtmachen musste.

"Bevor wir die ganze Zeit nichts tun, können wir uns auch für die Allgemeinheit engagieren", sagte Höcker dem "Westfalen-Blatt". Das Land NRW verfügte vor neun Tagen die zeitweise Schließung seiner Fahrschule. Bei einem Krisen-Meeting besprach Höcker mit seinen Mitarbeitern, wie es nun weiter gehen sollte. "Wir haben uns überlegt, einen kostenlosen Lieferdienst auf die Beine zu stellen, für Lebensmittel. In solchen Zeiten muss man zusammenhalten. Und ob meine Autos nun herumstehen oder nicht: Bezahlen muss ich für die sowieso".

Mittlerweile kann sich Höcker vor Anrufern kaum retten. Und was bestellen die Menschen in Bünde? Natürlich Klopapier, sagt Höcker laut "Stern". Aber nicht nur das. Eigentlich planten Höcker und seine Mitarbeiter, die Einkäufe nur kurz abzustellen und dann weiterzufahren. Doch es kam anders. "Mein Mann ist tot. Können Sie sich mal anschauen, was mit meiner Außenbeleuchtung nicht stimmt?", fragte ihn eine Dame. Jetzt helfe er bei allem, was im Haus eben so anliege - und begreife, dass es vielen um mehr geht, als nur Lebensmittel auszuliefern.

Viele enttäuscht von Kommunalpolitik

"Ich merke jetzt erst, wie einsam viele alte Menschen sind, wie sehr sich viele darüber freuen, mal jemanden zum Quatschen zu haben und was für schreckliche Existenzängste viele wegen der Krise erleiden", sagt Höcker dem Bericht zufolge. "Es treibt einem manchmal die Tränen in die Augen, wenn man sich die Geschichten der Leute anhört, die man beliefert", erzählt er außerdem in einem Video auf Facebook.

Daher weiß er zum Beispiel, wie viele Menschen sich an der Kommunalpolitik stören. "Ich kann mir schon denken, was die Politiker sagen werden, wenn diese Krise vorbei ist: 'Wie toll wir das alles hinbekommen haben!' Aber die Wahrheit ist: Die machen nichts. Die kümmern sich um gar nichts", sagt Höcker. Es käme keine Unterstützung, stattdessen würden die Menschen in Bünde sich selbst helfen. Sollte Höcker sich tatsächlich zur Bürgermeisterwahl stellen, dann nur als parteiloser Kandidat.

Mittlerweile läuft der Lieferservice besser, als Höcker es sich je hätte vorstellen können. Fast täglich berichtet er in kurzen Videos auf Facebook von seinen Erlebnissen. Dadurch erreicht er auch immer mehr Menschen. Mittlerweile sprechen ihn sogar Firmen an, die etwas spenden möchten. Wie zum Beispiel ein Klopapierhersteller, der eine große Lkw-Ladung an die Bürger verschenken möchte. "Klopapier ist in Bünde definitiv das begehrteste Produkt. Danach fragen mich die meisten meiner Kunden".

Der Lieferdienst ist selbstverständlich umsonst, sagt Höcker. Trinkgeld und Spenden, die er bekommt, werden gesammelt und später gespendet. "Das richtige Projekt wird sich schon finden", sagt Höcker in einem seiner Videos. "Oder die richtigen Projekte - je nachdem wie viel zusammenkommt."

Quelle: ntv.de, vmi

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