Kampagne "Print macht stark"

"Keine Partei profitiert von Facebook so stark wie die AfD"

Burda wirbt für die Stärken von Print
Burda
Burda wirbt für die Stärken von Print
Unter dem Motto "Print macht stark" startet Burda eine Kampagne für Verlags-Journalismus. Im Interview mit HORIZONT Online sagt Vorstand Philipp Welte: "Eine stabile Gesellschaft braucht Wahrheit. Und Wahrheit braucht den Journalismus der Verlage. Auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, ist uns wichtig." Gleichzeitig kritisiert Welte in scharfen Worten die Rolle von Facebook: "Die sozialen Netzwerke sind hilfreiche Brandbeschleuniger für all jene, deren Argumentation auf Lügen und Halbwahrheiten beruht."
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Geschaltet werden die Anzeigen vor allem in Burda-Medien wie Focus, Bunte, Super Illu und Focus Online, aber auch in einer Reihe Publikationen anderer Verlage. Darüber hinaus kommen Citylights in der Hauptstadt sowie soziale Medien zum Einsatz.


Hinter die Kampagne stellen sich eine Reihe illustrer Prominenter: die Schriftsteller Juli Zeh, Ken Follet, Frank Schätzing und Sebastian Fitzek, die Politiker Wolfgang Schäuble, Markus Söder, Winfried Kretschmann und Christian Linder, die Schauspieler Florian David Fitz und Anna Maria Mühe sowie Showgrößen wie Thomas Gottschalk, Fußballer Thomas Müller und Modedesigner Michael Michalsky. Für alle Inhalte der Kampagne wurde auch eine Landingpage eingerichtet.

"Wir müssen erkennen, dass die Freiheit der Presse kein Naturgesetz ist"

Burda-Vorstand Philipp Welte
Dominik Butzmann/Burda
Burda-Vorstand Philipp Welte
Herr Welte, Burda hat diese Woche die Kampagne "Print macht stark" gestartet. Was ist die Idee dahinter? Es schien uns einfach an der Zeit, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen gegen Verzagtheit und dafür, wie wichtig der Journalismus der Verlage für unsere Demokratie ist. Mir ist wichtig, dass wir wieder selbstbewusst und zukunftsorientiert über Journalismus reden.

Wie fragil ist denn die Lage? Gerät da gerade etwas ins Rutschen? Die Gefährdung der freien Meinungsbildung war lange nicht mehr so akut wie heute. Pressefreiheit ist selbst in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr, ganz zu schweigen von Russland oder der Türkei. Und jenseits des Atlantiks sehen wir einen Präsidenten, der Journalisten zu den Feinden des amerikanischen Volkes erklärt. Auch in Deutschland werden die politisch extremen Ränder deutlich stärker. In Thüringen wurde gerade die Nachfolgeorganisation der sozialistischen Einheitspartei größte politische Kraft in den Landtagswahlen, eine Partei also, zu deren Kardinaltugenden sicher nicht der Kampf für Pressefreiheit gehörte.  Und zweitgrößte politische Gruppierung ist eine Partei, deren Anhänger bei jeder Gelegenheit "Lügenpresse, halt die Fresse" grölen. Wir müssen erkennen, dass die Freiheit der Presse kein Naturgesetz ist.

Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Transport von Lügen und dem wirtschaftlichen Erfolg von Facebook.
Philipp Welte, Burda
Hinzu kommt, dass sich immer mehr Menschen über Facebook informieren. 25 Prozent der Deutschen nutzen Facebook heute schon als zentrale Nachrichtenquelle, in den USA ist für 39 Prozent der Bürger Facebook inzwischen die einzige Nachrichtenquelle. Warum das gefährlich ist, zeigt eine aktuelle Studie der Oxford University, nach der Fake News auf Facebook ein vier Mal so großes Engagement erzeugen wie vertrauenswürdige Nachrichten. Es gibt also einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Transport von Lügen und dem wirtschaftlichen Erfolg von Facebook. Je unwahrer eine Nachricht ist, je spektakulärer die Lüge, desto größer der wirtschaftliche Erfolg der sozialen Plattformen. Das macht die Aufgabe von uns Verlagen als Transporteur von Informationen und Wissen relevant für unser Gesellschaft. Wir stehen für verlässliche Inhalte und verpflichten uns im Paragraph 1 des Pressekodex darauf, die Wahrheit zu achten und die Würde der Menschen zu wahren. Davon sehe ich nichts bei Facebook oder Google. Im Gegenteil: Facebook lehnt es strikt ab, irgendeine Verantwortung für die Inhalte auf seiner Plattform zu übernehmen.

Gibt es aus Ihrer Sicht einen klaren Zusammenhang zwischen der zunehmenden Radikalisierung öffentlicher Debatten und dem Aufstieg von Facebook als Nachrichtenquelle? Keinen ursächlichen, die Zusammenhänge sind sicherlich komplizierter. Aber die sozialen Netzwerke sind hilfreiche Brandbeschleuniger für all jene, deren Argumentation auf Lügen und Halbwahrheiten beruht. Völlig bizarr wird dieses Phänomen, weil Facebook aufgrund der Daten, die es über Millionen und Milliarden von Menschen hat, diese Halbwahrheiten individuell aussteuern kann. Im Klartext: Auf Facebook wird jeder ganz individuell angelogen. Und wir alle wissen, dass keine Partei davon so stark profitiert wie die AFD.

Überleben ist für einen Verlag heute keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern ein täglicher Kampf, eine tägliche Herausforderung.
Philipp Welte, Burda
Und daraus folgt was? Dass CDU, SPD und Co auch stärker auf Facebook und Twitter setzen sollten? Das ist nicht mein Thema, ich bin kein Parteienberater. Wir wollen mit unserer Kampagne "Print macht stark" einfach nur klar machen, wie wichtig der Journalismus der Verlage für eine funktionierende Gesellschaft ist, egal ob er gedruckt oder über digitale Medien zu den Menschen kommt. Demokratischen Legitimationsprozesse basieren darauf, dass die Bürger informiert sind und wissen, worüber sie entscheiden. Eine stabile Gesellschaft braucht Wahrheit. Und Wahrheit braucht den Journalismus der Verlage. Auf diesen Zusammenhang hinzuweisen, ist uns wichtig.

Dass Facebook so stark geworden ist, liegt auch daran, dass die Verlage massenhaft eigene Inhalte auf diese Plattform stellen. Wäre es nicht an der Zeit, diese Politik zu überdenken? Wir hatten diese Diskussion ja auch bei Google. Ganz nüchtern betrachtet: Google ist die digitale Infrastruktur, Google ist das Internet, der Gedanke, dass wir Verlage irgendetwas daran ändern könnten, ist niedlich. Das gilt ähnlich für Facebook. Wir haben es mit den größten Unternehmen zu tun, die es jemals auf unserem Planeten gegeben hat. Und wir müssen vernünftig, also bewusst mit diesen Plattformen umgehen. Die entscheidende Frage ist, wie wir als demokratische Gesellschaft mit einer Plattform umgehen, auf der in großem Stil Unwahrheiten, Gerüchte und Hasspropaganda verbreitet wird. Im diametralen Gegensatz dazu steht unsere Verantwortung als Verlage, die wir uns selbst als eine tragende Säule einer demokratisch verfassten Gesellschaft begreifen.

Die Frage ist, ob die Verlage in Zukunft noch ausreichend viele Journalisten beschäftigen können, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. Julia Jäkel von Gruner + Jahr hat im vergangenen Jahr an die Werbungtreibenden appelliert, diesen Zusammenhang bei der Verteilung ihrer Werbebudgets mit zu bedenken. Ein Vorstoß, von dem Sie bekanntlich überhaupt nichts halten. Bekannt ist das nicht, weil ich mich nie dazu geäußert habe. Das ist auch eine völlig andere Diskussion. Unternehmen sollen unsere Medien als wirksame Werbeträger nutzen, weil wir verlässliche Partner sind und Werbeinvestitionen in unsere Medien sich lohnen - und nicht aus irgendwelchen staatstragenden Motiven.

Google ist die digitale Infrastruktur, Google ist das Internet, der Gedanke, dass wir Verlage irgendetwas daran ändern könnten, ist niedlich. Das gilt ähnlich für Facebook.
Philipp Welte, Burda
Noch einmal: Muss man sich Sorgen machen um die Überlebensfähigkeit der Presse? Wenn wir die Augen aufmachen, sehen wir Verlage sterben. Wir sehen, dass selbst Time Inc, der größte und von uns allen über Generationen am meisten bewunderte Zeitschriftenverlag der Welt, verschwunden ist. Überleben ist für einen Verlag heute keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern ein täglicher Kampf, eine tägliche Herausforderung. Noch in den 90er Jahren haben die Verlage den Werbemarkt weitgehend dominiert, inzwischen spielen wir hier nur noch eine absolut untergeordnete Rolle. Das Werbegeschäft gerät zunehmend in die Hände US-amerikanischer Plattformen. Allein Amazon wird in diesem Jahr in Deutschland einen Netto-Werbeumsatz von 1,9 Milliarden Euro erzielen - das ist mehr als doppelt so viel wie alle fast 2.000 deutschen Publikumszeitschriften zusammen. Unsere Zukunft liegt in der Hand der Menschen, die unsere Medien nutzen, deshalb besteht für Verzagtheit kein Anlass. Nur für Wachsamkeit. Und wir müssen lernen, um unsere Zukunft zu kämpfen – auch im Interesse dieser wundervollen Demokratie, in der wir leben dürfen. 

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