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Datenschützer können Abschaltung von Facebook-Fanpages verlangen

Datenschutz ist für Facebook ein Problem
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Datenschutz ist für Facebook ein Problem
Die Betreiber von gewerblichen Fanpages auf Facebook sind mitverantwortlich für die Sammlung von Nutzerdaten im Hintergrund. Bei schwerwiegenden datenschutzrechtlichen Mängeln dürfen Datenschützer daher die Betreiber verpflichten, die Unternehmensseite abzuschalten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Mittwoch entschieden. Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragte Marit Hansen, deren Haus den Musterfall ins Rollen gebracht hatte, bezeichnete das Urteil als "Rückenwind für den Datenschutz".
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Das Verfahren beschäftigt die Justiz schon Jahre. Es beruht noch auf alter Rechtslage vor Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) forderte 2011 von der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein die Deaktivierung der Fanpage. Bei Aufruf der Seite würden Daten der Nutzer erhoben, ohne dass diese darüber informiert würden. Die Akademie, ein Bildungsunternehmen der Industrie- und Handelskammern (IHK), trage eine datenschutzrechtliche Verantwortung - auch wenn die technische Infrastruktur komplett von Facebook stamme.


Die Wirtschaftsakademie klagte gegen den Bescheid und bekam zunächst Recht. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein sah keine Mitverantwortung der Seiten-Betreiber für die Datenverarbeitung. Das Bundesverwaltungsgericht legte den Fall schließlich dem Europäischen Gerichtshof vor - und der entschied 2018, dass Fanpage-Betreiber als verantwortlich für die Datenverarbeitung einzustufen seien. Dieser Einschätzung sahen sich die Leipziger Richter jetzt verpflichtet.

Die Wirtschaftsakademie hatte argumentiert, dass ihr die Datenverarbeitung quasi aufgedrängt werde. "Die Datenverarbeitung leistet Facebook. Ich kann mich als Seitenbetreiber kaum dagegen wehren, dass dies geschieht", sagte der Anwalt der Bildungseinrichtung in der mündlichen Verhandlung.

Rechtliche Konflikte zwischen den Datenschutzbehörden und einzelnen Social-Media-Anbietern sollten jedoch nicht auf dem Rücken der großen Mehrheit redlich handelnder Unternehmen in Deutschland ausgetragen werden.
Martin Wansleben
Die Bundesrichter stuften die Fanpage-Betreiber dagegen als "Türöffner" für die Datensammelei ein. "Es reicht aus, dass ein Beitrag zum Zwecke der Datenerhebung und -verarbeitung geleistet wird", erklärte der Vorsitzende Richter des 6. Senats, Ingo Kraft. Auch wenn Facebook selbst auch als Adressat für die Beschwerden in Betracht komme, hätten die Datenschützer sich aus Gründen der Effektivität völlig zurecht an die Seitenbetreiber wenden dürfen.

Inwiefern die Datenverarbeitung im konkreten Fall tatsächlich rechtswidrig war, müsse aber noch genauer geklärt werden, urteilten die Leipziger Richter. Sie verwiesen den Fall darum zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OVG zurück.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, erklärte, dass rechtliche Unklarheiten beim Datenschutz auf Social-Media-Kanälen viele Unternehmen verunsicherten. Dabei seien die Präsenzen auf Facebook & Co wichtig für die Pflege der Kundenbeziehungen. "Rechtliche Konflikte zwischen den Datenschutzbehörden und einzelnen Social-Media-Anbietern sollten jedoch nicht auf dem Rücken der großen Mehrheit redlich handelnder Unternehmen in Deutschland ausgetragen werden", erklärte Wansleben.

Datenschützerin Hansen sagte, das Urteil sei ein Warnschuss an Facebook. Ihr Haus werde jetzt prüfen, ob es neuere datenschutzrechtliche Verstöße gebe. Beschwerden lägen vor und würden geprüft. "Ich erwarte, dass Facebook aus dem Urteil Konsequenzen zieht", sagte Hansen. dpa

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