Programmierer: Wenn der Urheber gegen das Urheberrecht verliert
Der nun offiziell beendete GPL-Streit zwischen Linux-Entwickler Christoph Hellwig und VMware zeigt eklatant, wie schwer sich moderne Software-Entwicklung im aktuellen Urheberrecht abbilden lässt. Immerhin wird klarer, wie derartige Klagen künftig gestaltet werden müssen.
Der Rechtsstreit zwischen dem Linux-Entwickler Christoph Hellwig und dem Unternehmen VMware ist seit einigen Tagen offiziell beendet. Hellwig wird keine weiteren Rechtsmittel gegen das Urteil (PDF) des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg einlegen. Zwar betonen Hellwig und die ihn unterstützende Organisatin Software Freedom Conservancy (SFC), dass dieses Urteil eine Einzelfallentscheidung sei und keine Präzedenzwirkung habe. Das bezieht sich wohl aber vor allem auf das Ziel der GPL-Durchsetzung. Entscheidend dürfte das Urteil künftig wohl dennoch sein und zwar dafür, ob und wie selbstständige Programmierer und Entwickler ihre Rechte als Urheber gegenüber Dritten überhaupt durchsetzen können.
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Das Landgericht und nun auch das OLG haben die Klage Hellwigs gegen VMware wegen einer vorgeworfenen GPL- und Urheberrechtsverletzung abgewiesen, weil der Entwickler zusammen mit seinem Anwalt Till Jaeger nicht ausreichend nachweisen konnte, dass er überhaupt klageberechtigt ist. Das heißt, Hellwig hat zumindest juristisch nicht darlegen können, dass er überhaupt Urheber des Codes ist, den VMware angeblich im Verstoß gegen die GPL übernommen und weiterverwendet hat.
Das ist gleich aus mehrerlei Hinsicht überraschend und interessant. So ist Hellwig laut den von der Nachrichtenseite LWN.net aufbereiteten Statistiken zur Entwicklung des Linux-Kernels regelmäßig eine der 20 produktivsten beitragenden Einzelpersonen des Projekts. Doch schon zu Beginn der juristischen Auseinandersetzung basierte die letztlich erfolgreiche Argumentation der Beklagten von VMware darauf, das Urheberrecht von Hellwig an den betroffenen Bestandteilen des Kernels generell anzuzweifeln.
Sehr schwierige Beweisführung
Aus den öffentlichen und mündlichen Verhandlungen wie auch aus den Urteilen selbst geht zudem hervor, wie Hellwig versucht hat, die Gerichte davon zu überzeugen, dass er tatsächlich Urheberrechte hält. Genau genommen handelt es sich hier auch nur um das sogenannte Bearbeiterurheberrecht. Das heißt, Hellwig kann sowieso nur die möglichen Verletzungen seiner einzelnen Beiträge zu Linux geltend machen, da er nicht einziger Autor von Linux ist. Auch wenn das eigentlich ziemlich klar nachvollziehbar ist, zeigt das Verfahren die inhärenten Tücken.
Grundsätzlich wird Software und vor allem der Quellcode wie ein Schriftwerk behandelt. Problematisch ist das jedoch mit Blick auf die Erstellung von Software. Zwar gibt es immer noch einige wenige Programmierer, die allein in ihrem sprichwörtlichen Kämmerlein wochenlang Quellcode schreiben, um diesen später zu veröffentlichen. Insbesondere Teile von Linux werden aber in Gemeinschaft erstellt. Mitunter diskutieren die Beteiligten dabei über mehrere Monate hinweg auf Mailinglisten und Konferenzen Hunderte einzelne Patches, die aufeinander aufbauen und zu einem Gesamtwerk zusammengefügt werden sollen.
Die Frage, ob bei dieser Arbeitsweise allein der geschriebene Code ausschlaggebend dafür sein kann, was als Beitrag zählt, ist ein großes Problem. Neben der Diskussion und dem Ideenaustausch zur tatsächlichen Implementierung könnte ebenso das Löschen von Code als Bearbeitung gesehen werden. Für diese Klage und auch andere folgt daraus das Problem, wie genau die eventuell unrechtmäßige Übernahme von Codebestandteilen in solch einem Fall überhaupt dargestellt werden soll.
Beweise letztlich nicht ausreichend
Zu den vorgetragenen Beweisen von Hellwig und seinem Anwalt Till Jäger gehören der Verhandlung zufolge offenbar E-Mails der Diskussionen, die Patch-E-Mails, die über Mailinglisten verteilt werden und die Änderungen der Autoren einzeln darstellen, mit Git erstellte Blame-Dateien sowie zuletzt sogar eine Token-basierte Analyse der einzelnen Beiträge Hellwigs, die mit dem Werkzeug Cregit erstellt wurden.
All das hat den Richtern beider Instanzen aber nicht als Beweis gereicht. Zwar haben Hellwig und Jaeger gezeigt, welche Bestandteile VMware aus dem Linux-Kernel übernommen hat, allerdings eben nicht, welche dieser Teile genau von dem Bearbeiter stammen - also von Hellwig - und welche nicht. Laut Urteil ist dies "kein prozessual nachvollziehbarer Vortrag mehr". Ebenso seien die Quellcode-Vergleiche nur beispielhaft durchgeführt worden. In dem Urteil wird diese Art der Beweisführung als nicht ausreichend bezeichnet.
Bei all dem bleibt es trotzdem extrem schwer nachzuvollziehen, was den Richtern eigentlich noch als Beweis gefehlt hat. Denn wie ausgeführt, ist die Darlegung der Urheberschaft bei kollaborativen Softwareprojekten sowie die Untersuchung der Quellcode-Übernahme doch deutlich anders als etwa bei klassischen Schriftwerken wie Belletristik oder anderen publizistischen Werken, wo Plagiate mit wesentlich weniger Aufwand aufgezeigt werden können.
Auswege aus diesem Dilemma sind zwar schwierig, aber keinesfalls unmöglich. So müsste das Urheberrecht besser an die Realität der kollaborativen Softwareentwicklung angepasst werden und auch die Art der Rechtsdurchsetzung muss offensichtlich völlig anders angegangen werden. Immerhin gibt es schon für beides Lösungsansätze.
Moderne Softwareentwicklung und alte Urheberschaft |
Nein, heißt es nicht.
Ich vermute, dass die Richter eher immer der Firma folgen, denn da sind sie überzeugt...
Für Harald Welte wurden offenbar eine Handvoll Entscheidung und Urteile erstritten...
Denn es ist mittlerweile eine unausrottbare Seuche geworden, dass Richter den...