Smartphones: Für Huawei wird es eng

Die Vorstellung von Huaweis Mate-30-Serie dürfte für viele trotz beeindruckender Technik enttäuschend gewesen sein: Die neuen Geräte wurden gar nicht erst für Deutschland angekündigt, zudem kommen sie ohne Google-Apps. Für Huawei wirken sich die US-Sanktionen immer dramatischer aus.

Ein IMHO von veröffentlicht am
Richard Yu hat das Thema Google auf der Präsentation des Mate 30 Pro komplett umschifft.
Richard Yu hat das Thema Google auf der Präsentation des Mate 30 Pro komplett umschifft. (Bild: Tobias Költzsch/Golem.de)

Huaweis neues Mate 30 Pro hat eigentlich das Zeug zum Verkaufsschlager: Die Kamera ist die erste, die mit zwei 40-Megapixel-Sensoren parallel arbeitet, das Gerät unterstützt 5G, im Inneren ist einer der modernsten Mobile-SoCs verbaut. Trotz alledem hat das Smartphone auch das Zeug zum Ladenhüter, was an einem einzigen Punkt liegt: Es fehlen die Google-Apps.

Bisher konnte sich Huawei aufgrund von Ausnahmen und Sonderregeln noch vor allzu harten Konsequenzen aus dem von der US-Regierung auferlegten Boykott des Unternehmens herauswinden. Geräte wie das P30 Pro oder das Mate 20 Pro verwenden weiterhin Googles Play-Dienste und Apps wie Youtube oder Maps, da sie vor der Ankündigung der Strafmaßnahmen bereits auf dem Markt gewesen sind.

Das Mate 30 und das Mate 30 Pro hingegen sind die ersten Smartphones von Huawei, die ohne Google-Apps erscheinen - und bislang hat Huawei auch noch keine Informationen dazu veröffentlicht, ob diese in Zukunft einfach nachinstallierbar sein werden. Das wird sich für den Hersteller zu einem großen Problem entwickeln.

Keine Google-Apps - kein Huawei-Smartphone

Die neuen, leistungsfähigen Geräte dürften für einen Großteil der Zielgruppe Huaweis ohne Google schlichtweg uninteressant sein. Zwar betonte der Hersteller während und nach seiner Pressekonferenz, dass der eigene App-Store App Gallery stark aufgewertet wurde - einen Ersatz für die äußerst beliebten Google-Apps und das gesamte dahintersteckende Ökosystem hat Huawei aber einfach nicht.

Zu viele Nutzer haben sich an die tägliche Verwendung von Maps, Youtube, Gmail, dem Google-Sprachassistenten, dem Play Store und der Standortdienste gewöhnt. Zudem ist nicht zu unterschätzen, dass viele Nutzer Geld für Apps im Play Store ausgegeben haben; ohne diesen können sie die Anwendungen nicht wieder installieren. Und in Huaweis App-Store müssten die Anwendungen wohl noch einmal gekauft werden - so sie denn überhaupt verfügbar sind.

Huawei versucht, dem Google-Ökosystem etwas entgegenzusetzen, und natürlich wäre es sehr wünschenswert, wenn Huawei zusammen mit anderen Herstellern eine vielleicht sogar offene Ökosystem-Alternative zu Google aufbauen würde. In naher Zukunft ist aber nicht zu erwarten, dass diese die gleiche Nutzererfahrung wie die Google-Apps bieten kann - wahrscheinlich auch nicht mittelfristig.

Für viele ist Android ohne Google kein Android

Die Entwicklung von Android in den vergangenen zehn Jahren zeigt, dass der überwiegende Großteil der Nutzer Googles Version für "das Android" hält und die freie Version AOSP meist nicht einmal kennt. Entsprechend ist eine Android-Version ohne Googles Zusätze kein "richtiges Android" und somit uninteressant. Dass es zu dieser Entwicklung gekommen ist, mag man kritisieren - diese Kritik ändert aber im Endeffekt nichts an der aktuellen misslichen Lage Huaweis.

Wichtig an diesem Punkt ist die Tatsache, dass für Unternehmen wie Huawei der durchschnittliche Nutzer ausschlaggebend ist. Die Gruppe von Usern, die lieber ein Smartphone ohne Google-Dienste haben möchte und entsprechende Huawei-Geräte vielleicht sogar ganz gut fände, dürfte nicht nur für Huawei, sondern für die meisten großen Hersteller vom wirtschaftlichen Standpunkt aus uninteressant sein. Wichtig ist die Nutzergruppe, die den meisten Umsatz bringt - da darf man sich im heutigen Wirtschaftssystem keine Illusionen machen.

Die Nutzer auf ein anderes Ökosystem umzugewöhnen, dürfte auch an der mannigfaltigen Konkurrenz scheitern: Es gibt einfach zu viele gute Smartphones im Android-Bereich, die für den gleichen Preis oder sogar weniger für den durchschnittlichen User ein vergleichbares Nutzererlebnis bieten. Huaweis Kamerasysteme sind im Fotobereich das Nonplusultra, und das Mate 30 Pro scheint auch im Videobereich tolle Funktionen zu bieten - wir bewegen uns bei der Kritik aber auf einem sehr hohen Niveau. Ein Galaxy S10 oder ein Oneplus 7 Pro machen vielleicht nicht ganz so scharfe Fotos wie das Mate 30 Pro, der Unterschied ist in der alltäglichen Nutzung häufig aber marginal.

Mittelfristig hilft nur ein Ende der Sanktionen

Die einfachste und mittelfristig wohl einzige Lösung für Huawei wäre wohl, wenn die Sanktionen aufgehoben würden - Huawei soll in diesem Fall bereit sein, die Google-Anwendungen binnen kürzester Zeit auf die Smartphones zu bringen. Ansonsten wird der Hersteller die Folgen ab sofort sehr deutlich zu spüren bekommen - trotz des chinesischen Heimatmarktes, auf dem die Geräte generell ohne Google-Apps angeboten werden. Je länger die Sanktionen andauern, desto mehr wird die Marktposition von Huawei geschwächt werden.

Aber auch all die Nutzer, die an technisch hochwertigen und innovativen Smartphones interessiert sind, werden in Zukunft um einige Auswahlmöglichkeiten beraubt. Durch das Google-Verbot werden tolle Smartphones quasi vom Markt genommen - die Innovationen müssen bald vielleicht von anderen Herstellern kommen.

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Anonymer Nutzer 27. Sep 2019

Ich denke Libreoffice wäre der perfekte Ersatz, würde für die meisten Büroarbeitsplätze...

loktron 25. Sep 2019

Die App meiner Bank läuft zum Glück auch mit offenem Bootloader, Pixelexperience und...

quasides 24. Sep 2019

google dienste sind mehr als nur die APK zum market. da gehts um die ganze api die...

Anonymer Nutzer 24. Sep 2019

Du redest von Google Apps, aber dafür können die Hersteller nichts, sondern Google...



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