Türkischer Leitzins erhöht „Es ist jetzt an der Zeit, zu kaufen“

Türkischer Leitzins erhöht: Die Krise als Chance für Anleger Quelle: dpa

Die Währungskrise in der Türkei lädt zum Einstieg in türkische Aktien ein. Zwar ist ein wenig Mut bei geneigten Anlegern gefragt, doch Vermögensverwalter machen den Schritt bereits vor.

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Wer in diesem Sommer in der Türkei seinen Urlaub verbracht hat, hat in der Rückschau eigentlich alles richtig gemacht. Das Land ist sehenswert, die Menschen sind freundlich, das Essen vorzüglich. Vor allem aber hat in diesem Jahr der Absturz der türkischen Lira die Urlaubskasse ziemlich geschont. Seit Jahresanfang wertete die türkische Währung gegenüber Dollar und Euro um 40 Prozent ab. Besonders scharf nach unten ging es mit der Lira in der Urlaubszeit. Am 10. August etwa kostete ein halber Liter Efes-Bier im Restaurant vormittags noch umgerechnet 1,56 Euro, nachmittags waren es nur noch 1,27 Euro.

Nach dem Urlaub bietet der Währungsabsturz der Lira jetzt auch noch eine lukrative Einstiegschance in den türkischen Aktienmarkt. In Euro gerechnet haben sich die Kurse an der Börse Istanbul seit Jahresanfang halbiert. „Die Börse in der Türkei ist dermaßen stark gefallen, dass man hier langfristig gute Einstiegschancen findet“, sagt der berühmte Schweizer Investor Marc Faber. „Es ist jetzt an der Zeit, zu kaufen“.

Auch Gregor Holek, Aktienexperte für die Türkei und Südosteuropa bei der Raiffeisenbank in Wien, diagnostiziert bei Währung und Aktien eine Übertreibung nach unten: "Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-Verhältnis türkischer Aktien liegt bei sieben", das sei sehr günstig: Deutsche Unternehmen kosteten leicht das Doppelte, US-Firmen sogar noch mehr: "Es ist möglich, dass wir uns in der Türkei an einem Umkehrpunkt befinden", so Holek.

Tatsächlich sehen mutige Investoren die Krise als Chance: Im Crashmonat August stieg das investierte Vermögen in türkischen Indexfonds (ETFs) um rund 31 Prozent. Auch Eric Zipf, der für den 28 Milliarden Dollar schweren US-Vermögensverwalter DuPont Capital Management aus Delaware 430 Millionen Dollar in Schwellenländer-Aktien anlegt, hat am Bosporus zugekauft. „Die Aktien notieren fast auf einem Bewertungsniveau wie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise“, sagt Zipf. Im Schnitt notierten die 100 im Index der Börse Istanbul enthaltenen Unternehmen auf Höhe ihres Buchwertes, bei einer Lira nahe ihrem Rekordtief. Das sei werthaltig.

Klar, die Lira wird nicht über Nacht zur Hartwährung mutieren angesichts einer Inflationsrate, die mit zuletzt 17,9 Prozent auf den höchsten Stand seit 15 Jahren gestiegen ist und eines Leistungsbilanzdefizits von rund sechs Prozent der Wirtschaftsleistung. Eine Konsolidierung des Wechselkurses aber erscheint jetzt das wahrscheinlichste Szenario. In der Rückschau wird sich vermutlich zeigen, dass der Absturz der türkischen Lira im August von unter 5 Lira auf zwischenzeitlich 7,23 Lira pro Dollar eine spekulative Übertreibung war – zumindest mit Blick auf das Tempo der Abwertung.

Lohnenswerte Türkei-ETFs

Die Lira erholte sich in den vergangenen beiden Wochen und legte nach der heutigen Zinserhöhung kräftig zu auf zuletzt 6,14 Lira pro Dollar. Die türkische Zentralbank erhöhte den Leitzins um 625 Basispunkte auf 24 Prozent. Ein mutiger Schritt. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte noch kurz vor dem Zinsentscheid auf eine Zinssenkung gepocht und die Lira kurzzeitig unter Druck gebracht. Dass die Inflation nicht mit tieferen, sondern mit höheren Zinsen bekämpft werden muss, wird Erdogan spätestens nach der heutigen Marktreaktion verstanden haben.

Natürlich bleibt die Türkei ein Hochrisikomarkt für Investoren, Mut ist gefragt. Anlegern, denen dieser Mut noch fehlt, sollten sich an den Aufstieg von Carlos Slim zu einem der reichsten Menschen der Welt erinnern. Den Grundstein für sein Firmenimperium legte Slim während der mexikanischen Hochinflationsphase in den Achtzigerjahren.

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