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Wirtschaft Handelskonflikt

Mit „historischem“ Deal bringt die EU Trump in die Defensive

Diesse Abkommen ist ein Signal an US-Präsident Trump

Die Europäische Union und Japan stehen vor einem historischen Deal. Nach vierjährigen Verhandlungen wollen sie einen neuen Freihandelspakt unterzeichnen. Das Abkommen ist auch eine Botschaft an den US-Präsidenten.

Quelle: WELT

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Europa und Japan kontern die Attacken Trumps gegen den Freihandel mit einem gigantischen Handelsdeal. Jefta könnte die ökonomischen Machtverhältnisse verschieben – zu Ungunsten Amerikas.

Käse gegen Autos. So lässt sich der Deal beschreiben, den die Diplomaten erzielt haben. Nach vierjährigen Verhandlungen stehen die Europäische Union (EU) und Japan vor einem bedeutenden Schritt: Sie wollen in dieser Woche einen neuen Freihandelspakt unterzeichnen. Das Abkommen betrifft einen Markt, der 600 Millionen Menschen umfasst, für 30 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und 40 Prozent des globalen Warenaustauschs steht.

Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb Politiker und Ökonomen von einem besonderen Moment sprechen. Weshalb viele den Vertrag „historisch“ nennen. Es geht nicht nur um die Zahlen, sondern auch um ein Signal. Die 560 Seiten des neuen europäisch-japanischen Dokuments senden eine Botschaft aus: dass sich die ökonomischen Machtverhältnisse auf der Erde verschieben. Und zwar zuungunsten Amerikas.

Im Kern sieht das sogenannte Japan-EU Free Trade Agreement, inoffiziell Jefta, Folgendes vor: Die Japaner reduzieren ihre Zölle auf Milchprodukte, Fleisch und Wein, dafür senken die Europäer ihre Abgaben auf importierte Fahrzeuge. Einige fallen sofort auf null, andere laufen nach und nach aus. Mehr Wirtschaftswachstum, mehr Arbeitsplätze – das ist das Ziel des Abkommens. Japan, die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde, gilt als ein wichtiger Absatzmarkt für Firmen aus Europa. Jefta ist für beide Seiten der größte Handelsdeal, den sie bisher in ihrer Geschichte wagten.

Ein Signal in Zeiten von „America first“

Er wird in einer Zeit verabschiedet, in der die Welt einen ökonomischen Schlagabtausch erlebt. In der Amerika versucht, die Globalisierung zurückzudrehen. Die Gespräche zwischen der EU und Japan begannen, als der US-Präsident noch Barack Obama hieß und der freie Handel nicht als bedroht galt. Sie zogen sich hin, man stritt sich, biss sich an Details fest – bis Donald Trump in das Weiße Haus zog und die Parole „America first“ ausgab, sein Codewort für Protektionismus. In der neuen Lage einigten sich die Europäer und Japaner überraschend schnell. Ihre Gesandten formulierten die letzten Worte des Vertrags im Dezember 2017, nur ein Jahr nach Trumps Amtsantritt.

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„Die Politik der Trump-Regierung beschleunigte die Sache“, meint Irina Angelescu, Japan-Expertin des New Yorker Thinktanks Council on Foreign Relations. Das Abkommen änderte der Politologin zufolge dabei gewissermaßen seinen Charakter. Jefta sei nicht bloß ein wirtschaftlicher Vertrag geworden, sondern auch eine Antwort auf die amerikanische Abschottung. „Europa und Japan“, glaubt Angelescu, „positionieren sich mehr und mehr als Champions des freien Handels.“

Amerika fällt für diese Rolle derzeit aus. Im März führte Trump Zölle auf Stahl und Aluminium ein, im Juli auf chinesische Technikgüter. Zudem droht er mit Abgaben auf Autos aus Europa, was vor allem für die deutsche Wirtschaft verheerend wäre. In der vergangenen Woche forderte der US-Präsident die Europäer auf, ihm in Handelsfragen entgegenzukommen, andernfalls werde er Maßnahmen ergreifen.

„Und das wird etwas mit den Millionen Fahrzeugen zu tun haben, die in unser Land gelangen und für die praktisch kaum Zölle gelten“, sagte Trump am Rande des Nato-Gipfels in Brüssel. Tatsächlich veranschlagt die EU auf Autos aus den USA einen Zoll in Höhe von zehn Prozent, während die Amerikaner für europäische Fahrzeuge bisher nur 2,5 Prozent verlangen.

Export nach Japan könnte sich verdoppeln

Mit Jefta hat Japan den Amerikanern nun also etwas voraus. Toyota, Nissan, Mazda, Mitsubishi, sie alle werden ihre Autos bald fast zum Nulltarif nach Europa bringen können. Der Mammut-Deal eliminiert 99 Prozent aller Handelsbarrieren zwischen der EU und Japan. Er sieht nicht nur die Aufhebung von Zöllen vor, sondern auch die Angleichung der Gesetze, etwa in den Bereichen geistiges Eigentum oder beim Arbeits- und Umweltschutz. Dazu gehört auch ein Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen – zu einem Vertrag, den Trump ablehnt. All das kann bedeuten, dass die Standorte Europa und Japan für Firmen attraktiver werden, während der Standort USA an Beliebtheit verliert.

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Jefta wirkt wie der große Gegenentwurf zu Trumps Politik. Zu seinem Protektionismus, auch zu seiner Verachtung für Umweltschutz. Zudem stößt das Abkommen in eine Lücke, die der amerikanische Präsident hinterlassen hat. Im Januar 2017, an seinem ersten Tag im Amt, zog er sein Land aus der Transpazifischen Partnerschaft zurück, kurz TPP. Dabei handelt es sich um ein geplantes Abkommen zwischen nun elf Pazifik-Anrainern, darunter Japan. „Auch dieser Schritt“, meint die Expertin Angelescu, „beschleunigte die Jefta-Verhandlungen.“

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Europa wendet sich nun bewusst jener Region zu, der Trump den Rücken kehrt. Und das könnte sich lohnen. Ökonomen schätzen, dass die EU bald doppelt so viele Waren wie bisher nach Japan exportiert. Der Wert der Ausfuhren wird sich ihren Berechnungen zufolge auf 180 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen. Dennoch gibt es auch viel Kritik an Jefta. Verbraucherschützer meinen, das Abkommen hebele europäische Standards aus. Zudem fürchten sie, öffentliche Dienstleistungen könnten dereguliert und privatisiert werden. Die EU-Kommission hält die Befürchtungen für unbegründet.

TPP ist nicht das einzige Abkommen, aus dem sich die Vereinigten Staaten verabschiedet haben. Auch die Gespräche über die Freihandelszone TTIP, die zusammen mit Europa gegründet werden sollte, liegen auf Eis. Und Nafta, das Bündnis zwischen den USA, Kanada und Mexiko, könnte Trump ebenfalls beenden, schließlich bezeichnete er es mehrfach als „schlechtesten Deal aller Zeiten“. Die drei Regierungen verhandeln gerade über eine Neuauflage des Vertrags.

Das ist also die Situation, vor der die Welt nun steht: TTIP vorerst tot, TPP geschwächt, Nafta gefährdet – aber dafür gibt es Jefta. Mit den USA haben Europa und Japan keine Einigung erreicht, untereinander dafür umso schneller. Der Freihandel, so scheint es, lebt weiter, trotz aller Versuche aus Washington, ihn abzuwürgen. Schotten sich die Vereinigten Staaten ab, suchen sich die Partner von einst neue Verbündete. Selbst ein amerikanischer Präsident, oft als mächtigster Mann der Welt bezeichnet, kann die Globalisierung wohl nicht stoppen.

Wertverfall von Kupfer ist ein böses Omen

Mit seinem Handelskrieg hat Donald Trump für einen Ausverkauf bei den Industriemetallen gesorgt. Kupfer hat stark an Wert verloren. Ein schlechtes Omen für die Konjunktur.

Quelle: WELT/ Laura Fritsch

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