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Kartellamt will härter gegen Internetkonzerne durchgreifen dürfen

Freier Korrespondent Handel und Konsumgüter
ARCHIV - 05.09.2018, Berlin: ILLUSTRATION - Die Logos der US-Internetkonzerne Google (l-r), Amazon und Facebook sind auf dem Display eines iPhone zu sehen. Auf EU-Ebene scheiterte das Projekt vor einigen Monaten, nun soll es auf globaler Ebene klappen: Die G20-Wirtschaftsmächte kommen bei der Besteuerung von Digitalriesen wie Google und Facebook voran. (zu dpa «G20-Mächte machen Druck bei Besteuerung von Digitalriesen») Foto: Stefan Jaitner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ ARCHIV - 05.09.2018, Berlin: ILLUSTRATION - Die Logos der US-Internetkonzerne Google (l-r), Amazon und Facebook sind auf dem Display eines iPhone zu sehen. Auf EU-Ebene scheiterte das Projekt vor einigen Monaten, nun soll es auf globaler Ebene klappen: Die G20-Wirtschaftsmächte kommen bei der Besteuerung von Digitalriesen wie Google und Facebook voran. (zu dpa «G20-Mächte machen Druck bei Besteuerung von Digitalriesen») Foto: Stefan Jaitner/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Internetriesen im Visier: Das Bundeskartellamt schaut sich die Betreiber dieser Apps besonders genau an
Quelle: dpa
Die Bonner Behörde geht bereits gegen Amazon, Facebook und Booking.com vor. Doch Amtspräsident Mundt reicht das noch nicht. Er will mehr Kompetenzen im digitalen Verbraucherschutz – und warnt vor dem Einfluss von Google.

Das Bundeskartellamt sieht die Macht großer Internet-Konzerne wie Google, Amazon oder Facebook mit wachsendem Unbehagen. Die Einflussmöglichkeiten der digitalen Riesen auf Konsumenten und Wettbewerb seien kaum zu ermessen, warnte Amtschef Andreas Mundt am Donnerstag in Bonn. „Ein Unternehmen wie Google verfügt über eine 20jährige Suchhistorie von Andreas Mundt“, nahm er sich selbst als Beispiel für das allgegenwärtige Phänomen.

Dieser ungeheure „Datenschatz“ wachse mit jeder Sekunde und ergebe ein extrem detailliertes Bild jedes Menschen, zumal, wenn er noch dazu mit Daten aus anderen Quellen in Verbindung gesetzt werde. Die Digitalisierung sei über Verbraucherthemen hinaus ein wettbewerbsrechtliches Kernthema, denn sie „kriecht schleichend in alle Bereiche der Wirtschaft hinein“, berührt damit also auch die Aufgaben Fusionskontrolle und Kartellbekämpfung.

Das Bundeskartellamt hat seit zwei Jahren vom Gesetzgeber zusätzliche Kompetenzen im Verbraucherschutz erhalten und macht davon rege Gebrauch, gerade bei Online-Angeboten. Eine neu eingerichtete Abteilung hat seitdem eine Sektoruntersuchung zur Transparenz und Fairness von Vergleichsportalen abgeschlossen.

Weitere Untersuchungen laufen derzeit zum Umgang mit den Daten, die über Smart-TVs gewonnen werden, und zu Nutzerbewertungen im Internet. „Wir wollen wissen, ob man Nutzerbewertungen fälschen kann und ob falsche Bewertungen ins Netz eingestellt werden“, sagte Mundt.

Bei Kaufentscheidungen spielten die tatsächlich oder auch nur vermeintlich objektiven Bewertungen anderer Käufer eine große Rolle. Bedarf an Aufklärung ist offenbar vorhanden. Das Amt habe die Untersuchung wegen zahlreicher Beschwerden in Gang gesetzt, viele weitere Hinweise seien infolge des Starts der Analyse eingegangen.

Der Amtschef will künftig generell härter durchgreifen können. Bisher könne die Behörde zwar Fehlentwicklungen und Mängel aufzeigen, sie aber nicht durch konkrete Maßnahmen abstellen. „Es wäre sicher im Sinne der Verbraucher, wenn der Gesetzgeber einen zweiten Schritt gehen würde und uns gewisse Eingriffsbefugnisse gerade mit Blick auf die digitale Wirtschaft einräumen würde“, meinte Mundt. Dazu setzt er auf eine demnächst anstehende Novelle des Wettbewerbsrechts.

Kartellamt arbeitet daran, die Internetriesen zu zügeln

Beim Kampf um die Zügelung der Internet-Giganten sind die Ergebnisse der Bonner Wettbewerbsbehörde unterschiedlich. Im Februar hatte sie Facebook verboten, die Nutzung des sozialen Netzwerks davon abhängig zu machen, dass Kunden einer unbegrenzten Sammlung von Nutzerdaten auch aus Drittquellen wie etwa von den eigenen Töchtern WhatsApp und Instagram zustimmen.

Zudem habe Facebook über Schnittstellen auch Zugriff auf Daten von Webseiten und Apps anderer Betreiber. Im Amtsdeutsch lautete der Vorwurf auf „Ausbeutungsmissbrauch“: Marktbeherrschende Unternehmen dürfen die Konsumenten nicht ausbeuten. Der Ausgang des Verfahrens ist offen. Facebook hat Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen das Verbot eingelegt.

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Gegen das Buchungsportal Booking.com mussten die Bonner Beamten kürzlich einen Niederlage vor dem OLG Düsseldorf einstecken. Das Gericht hatte Booking.com erlaubt, entgegen einer Untersagung des Kartellamts seine „Best-Preis-Klausel“ weiter anzuwenden, also den besten oder zumindest den gleichen Preis von Hoteliers einzufordern, den sie auf ihren eigenen Websites offerieren. Das Kartellamt geht gegen die Entscheidung vor.

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Offen ist auch der Ausgang eines Verfahrens gegen Amazon, mit dem die Wettbewerbshüter faire Chancen für Händler auf dem deutschen Amazon-Marktplatz sicherstellen wollen. Das Verfahren komme gut voran, sagte Mundt, wollte sich aber zu Details nicht äußern – abgesehen davon, dass die Ermittler auch hier allein durch die Nachricht von der Eröffnung zahlreiche Hinweise von Betroffenen erreicht hätten, die ihrerseits zur „Erkenntnisquelle“ geworden seien.

Bei der Verfolgung von illegalen Kartellen verbuchte das Amt 2018 mit verhängten Bußgeldern von 376 Millionen Euro den zweithöchsten Stand der letzten zehn Jahre. Im Vorjahr hatte der Vergleichswert beispielsweise nur 66 Millionen betragen. Allein in der Edelstahlbranche erhielten sieben Unternehmen und 14 verantwortliche Personen Bußgeldbescheide über zusammen 291 Millionen Euro aus Bonn.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts
Quelle: dpa

Sie sollen unerlaubt Preise abgesprochen und weitere Informationen ausgetauscht haben. Das Edelstahl-Verfahren war, wie viele weitere, durch die so genannte Kronzeugenregelung in Gang gebracht worden. Dabei können Unternehmen straffrei ausgehen oder zumindest auf Milde hoffen, wenn sie selbst Kartelle melden.

Die Zahl dieser Meldungen sinkt jedoch deutlich – von drei Dutzend im Jahr 2016 auf weniger als zwei Dutzend im vergangenen Jahr. Grund, so der Amtschef, sei wohl die Furcht der Kartellmitglieder vor zivilrechtlichen Schadenersatz-Forderungen von Kartellopfern. Diese lägen oft um ein Vielfaches über den Bußgeldern.

Mundt dementierte eine Meldung, wonach das Kartellamt eine geplante Fusion in der Entsorgungswirtschaft, die Übernahme der Grüne-Punkt-Firma DSD durch die Remondis-Gruppe, untersagt habe. Tatsächlich seien Zusagen gemacht worden, die das Amt jetzt prüfe.

Die Frist dazu sei um einen Monat bis Ende Juli verlängert worden. Insgesamt seien dem Bundeskartellamt im vergangenen Jahr rund 1300 Zusammenschlussvorhaben vorgelegt worden – eine im internationalen Vergleich sehr hohe Zahl. Mundt plädierte dafür, die Umsatzschwellen für die Meldepflicht zu erhöhen.

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