Grau, staubig und total unsexy: Das ist das Image der Versicherer. Seit Jahren kämpft die Branche dagegen an. Mit günstigen Tarifen, Bonusprogrammen und neuartigen Apps wollen die Unternehmen die Herzen der Kunden für sich gewinnen. Für die Liebe der Verbraucher investieren sie gerne viel Geld. Doch offenbar vergebens: Die Kunden lässt das alles mehr oder weniger kalt.
Denn wenn es wirklich zum Ernstfall – also einem Schaden – kommt, scheitert die Assekuranz am kleinen Einmaleins des zwischenmenschlichen Umgangs. Das offenbart eine Studie des Marktforschungsinstituts Forsa unter 1000 Versicherungskunden im Auftrag der Unternehmensberatung Horvath, die der WELT exklusiv vorliegt.
Emphatie gehörte bisher nicht dazu
So berichteten 80 Prozent der befragten Versicherungskunden, dass sie im Schadensfall überhaupt nicht nach ihrem persönlichen Befinden gefragt wurden. Stattdessen fühlten sie sich, als würden sie wie eine Vorgangsnummer mechanisch abgearbeitet: Der Versicherer fragte nur nach den harten Fakten wie Fotos und Unfalldaten und zeigte keinerlei Mitgefühl für die Betroffenen.
Doch genau das wünschen sich fast alle Menschen nach einem schlimmen Unfall auch von ihrem Versicherer. So empfanden fast alle Kunden, die nach ihrer aktuellen Situation befragt wurden, dies als sehr positiv, so die Studie. Einen Wunsch, den die Anbieter sicher leicht erfüllen könnten. Doch die Branche reagiert darauf nur langsam. Mitgefühl gehörte bisher einfach nicht zum Geschäftsmodell.
Wenn es um die Digitalisierung geht, übertreiben es dagegen manche Versicherer. So wünschen knapp 70 Prozent der Befragten eine persönliche Begegnung statt elektronischen Kontakt, wenn es um wichtige und komplexe Dinge wie die Erstberatung geht.
Kunden erwarten individuelle Angebote
Erst bei der Folgeberatung begnügen sich knapp 60 Prozent mit einem E-Mail- oder Telefonkontakt und weniger als 40 Prozent wollen mit ihrem Berater vor Ort sprechen. Beim Schadensfall sind es dann nur noch ein Drittel, die auf einen persönlichen Kontakt bestehen. Hier ist für die Mehrheit der digitale Weg deutlich komfortabler – allerdings dann eben nicht allzu unpersönlich.
Genervt sind die Kunden, wenn die Versicherungen die ihnen zur Verfügung stehenden Kundendaten nicht vernünftig nutzen. Knapp die Hälfte der Klienten waren laut der Studie unzufrieden mit ihrem Versicherer, weil sie nach einem Schadensfall abermals nach Informationen gefragt wurden, die sie dem Unternehmen eigentlich schon anvertraut hatten.
Dreiviertel der Befragten erhielten außerdem kein Angebot, das über ihr eigentliches Anliegen hinausgeht. Dabei würden sich laut Studie mehr als die Hälfte der Versicherungskunden wünschen, dass der Anbieter auf sie zugeschnittene Zusatzservices offeriert: Sie empfinden diese als einen echten Mehrwert. Dass die Versicherer damit nicht aufwarten, erstaunt dann doch: Sie würden durch höhere Umsätze profitieren.