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Arbeiten auf Distanz Wie Sie in Videokonferenzen gut rüberkommen

Viele Firmen verzichten in der Coronakrise auf Konferenzen und halten Besprechungen stattdessen in Videochats ab. Auf Ungeübte lauern dabei diverse Gefahren.

Auf einmal sieht man seine Kollegen nur noch am Bildschirm. Aber auch hier kann die Kommunikation gut klappen

Auf einmal sieht man seine Kollegen nur noch am Bildschirm. Aber auch hier kann die Kommunikation gut klappen

Foto: Dimitri Otis/ Stone RF/ Getty Images

Videokonferenzen können effektiver sein als persönliche Meetings. Allerdings bergen sie mehr Gefahren missglückender Kommunikation. Hier sind die wichtigsten Faktoren – und Tipps, wie Sie es besser machen können. Dass Sie nicht erst beim Call anfangen, sich mit der Technik zu beschäftigen, sondern vorher schon einmal mit einem wohlmeinenden Kollegen üben, ob die Verbindung klappt, ist allerdings Voraussetzung. Und eine gute inhaltliche Vorbereitung auch, denn bei Videokonferenzen ermüdet die Konzentration weitaus schneller.

Die richtige Umgebung

Wenn Sie vom Homeoffice aus skypen, teamen oder meeten, ist die Umgebung wichtig. Kommunikationstrainer Michael Hasenkamp rät: "Schaffen Sie eine Arbeitsfläche, die befreit ist von den Dingen, die nicht zu Ihrer beruflichen Aufgabe gehören. Machen Sie sich bewusst, dass jeder Gegenstand eine Botschaft vermittelt; was Sie selbst gar nicht mehr wahrnehmen, wird für andere zur Information über Ihre Person. Räumen Sie alles weg, was nicht zu der Botschaft passt, die Sie vermitteln möchten." Ob das gelingt, können Sie kurz mit einem Kollegen oder einer außenstehenden Person testen.

Umgang mit Unterbrechungen

Das hereinplatzende Kleinkind, der Paketbote an der Tür – im Homeoffice kann es trotz guter Vorbereitung zu Unterbrechungen kommen. "Je authentischer man sich dann verhält, desto professioneller wirkt man", sagt Hasenkamp. "Solche Nebeninformationen fließen in die Persönlichkeitsbewertung mit ein. Wenn Sie souverän reagieren, strahlt das auch auf Ihre berufliche Professionalität ab."

Die Tonspur

"Bei Videocalls ist der Ton wichtiger als das Bild", sagt der Medientrainer und Moderator Markus Tirok. "Wenn das Bild etwas unscharf ist, macht das nicht viel aus – aber schlechter Ton ist wahnsinnig anstrengend. Wenn man sich mit dem Laptop in eine Videokonferenz einwählen muss, kann es schon viel helfen, ein Smartphone-Headset in die Audiobuchse zu stecken – oder man nutzt gleich das Smartphone selbst. So ist der Ton schon einmal besser." Und alle Teilnehmer sollten zunächst ihre Mikrofone auf stumm schalten und nur dann aktivieren, wenn sie selbst das Wort haben – sonst kann es störende Rückkopplungen und Geräusche geben.

"Sprechen Sie Verständigungsprobleme offensiv an", rät Hasenkamp, "denn alle Botschaften, die wir nicht störungsfrei entschlüsseln können, führen zu Unsicherheit – bei Ihnen und Ihrem Gegenüber. Wenn Sie ein Problem ansprechen, geben Sie Ihrem eigenen Hirn das Signal: Ich habe es beseitigt."

Gesprächskultur

Wegen der Corona-Infektionsgefahr steigen viele Unternehmen derzeit komplett auf Videokommunikation um. Steffen Behn, Chief Technology Officer der Better Ventures Group mit knapp 300 Mitarbeitenden, führt seit Kurzem auch Recruitinggespräche per Video. Er sagt: "Uns ist bewusst geworden, dass man Menschen deutlich aktiver inkludieren muss. Wenn jemand zum Gespräch zu uns ins Büro kommt, wird man freundlich in Empfang genommen, es gibt eine Willkommenskultur, ein Getränk – und in der Videokonferenz sitzt man dann, plötzlich sind am Bildschirm sechs Leute da, die man nicht kennt." Die fehlende soziale Komponente sei in Videokonferenzen eine Herausforderung: "Wir haben in dem jüngsten Vorstellungsgespräch nach der Vorstellungsrunde bewusst erst einmal fünf Minuten Smalltalk gemacht, damit die Kandidatin in Ruhe ankommen konnte." Einen Teil der sozialen Interaktion könne man so substituieren, aber man müsse bewusst gegensteuern, um wortkargere Kollegen genauso wahrzunehmen wie diejenigen, die im Gespräch aktiver seien.

Die Kamera richtig einrichten

"Schauen Sie nicht von oben in die Kamera. Dann fühlt sich Ihr Gesprächspartner unbewusst klein – und das verursacht kommunikative Irritation", rät Medientrainer Tirok. Stellen Sie den Laptop so auf, dass die Kamera auf Augenhöhe ist; beim Smartphone können Sie gut ein kleines Stativ oder einen aufstellbaren Selfiestick nutzen." Er gibt auch zu bedenken: "Videoübertragung braucht viel Bandbreite. Beim WLAN kann die Übertragung schnell ruckelig werden; wenn möglich, schließen Sie den Rechner direkt per Kabel an den Router an."

Gute Lichtverhältnisse schaffen

"Eine gute Position ist direkt vor dem Fenster – das gibt schönes indirektes Licht", meint Tirok. "Wenn Sie diese Möglichkeit nicht haben oder es draußen dunkel ist, ist es eine gute Idee, eine kleine Ringleuchte zu nutzen. Die kosten um die 30 Euro, man kann sie dimmen und oft auch die Lichtfarbe einstellen. Ein Smartphone bringen Sie dort in der Mitte an; wenn Sie den Laptop nutzen, stellen Sie die Ringleuchte leicht erhöht dahinter." Für Brillenträger sei das allerdings keine gute Lösung, weil sich der Ring dann in den Gläsern spiegelt – sie sollten die Leuchte besser auf eine weiße Wand richten, die das Licht diffus reflektiert."

So gelingt die Moderation

"Nur wenn Ton- und Bildspur übereinstimmen, können Akzeptanz, Verständnis und Vertrauen entstehen. Es ist sinnvoll, sich auf eine gemeinsame Gesprächskultur zu verständigen. In jeder Videokonferenz sollte es einen Leiter geben – nicht unbedingt nach Hierarchie, sondern themenbezogen oder einfach rotierend, sodass jeder einmal Moderator ist", empfiehlt Kommunikationstrainer Hasenkamp. Tirok ergänzt: "Weisen Sie zu Anfang freundlich darauf hin, dass die Teilnehmer andere Programme schließen und das Handy weglegen sollten – gerade im Homeoffice wird man leicht durch Multitasking abgelenkt. Wenn Sie die Konferenz aufzeichnen, etwa, damit andere Kollegen sie nachher anschauen können, weisen Sie gleich zu Beginn darauf hin." Und auch wenn man per Video verbunden ist, muss nicht alles über die Kamera laufen. "Bei größeren Gruppen kann es eine gute Idee sein, das Chatfenster zu nutzen, etwa für rasche Umfragen, die so ganz schnell gehen: Bitten Sie die Teilnehmer, einfach "ja" oder "nein" zu schreiben, statt umständlich von jedem eine Antwort einzuholen – oder eine Zahl von 1 bis 10, wenn es um Bewertungen oder Stimmungen geht", sagt Tirok.

Die Desktop-Falle

Ein Klassiker in Videokonferenzen: Spannende Einblicke in das digitale Leben der Kollegen. Oft ergibt es sich spontan, dass Sie Kollegen etwas auf Ihrem Rechner zeigen müssen. "Da ist es eine gute Idee, vorher einmal kritisch zu schauen, welche Tabs Sie offen haben, welche Bookmarks sichtbar sind und wie Ihr Desktop aussieht", rät Hasenkamp – wer das Dokument "Bewerbung Konkurrenz final.doc" dort als Icon gespeichert hat, wird im Jahresgespräch vielleicht ungewollt neue Themen auf der Agenda finden.