Leben: Studie entlarvt Fehlsteuerung eines Provisionsdeckels

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Eine neue Studie deckt Schwächen der politischen Regulierung zu Kosten- und Leistungstransparenz auf. Darin wird ein Provisionsdeckel für die Lebensversicherung in Frage gestellt. Warum er unabhängigen Vermittlern erhebliche Nachteile bringen würde.

Ein Provisionsdeckel kann immer nur für neu abgeschlossene Verträge greifen, der Bestand wird dadurch nicht entlastet, erinnert Jochen Ruß vom ifa Ulm in der Studie. Bild: ifa Ulm

In der jüngeren Vergangenheit gab es zahlreiche neue Regulierungen zur Kosten- und Leistungstransparenz, zu zulässigen Kostenkalkulationen sowie zur Erhöhung der Beratungsqualität und Vermeidung von Interessenskonflikten im Beratungsprozess. „Insbesondere die Regulierungen zu Kosten- und Leistungstransparenz weisen jedoch offensichtliche Schwächen auf“, sagt Jochen Ruß, Geschäftsführer der Gesellschaft für Finanz- und Aktuarwissenschaften mbH sowie Professor für Aktuarwissenschaften am Institut für Versicherungswissenschaften der Universität Ulm (ifa Ulm).

Gravierende Auswirkungen eines Provisionsdeckels

In der Studie „Regulierung von Provisionen – Ziele, Risiken und Nebenwirkungen provisionsbegrenzender Regulierung in der Lebensversicherung in Deutschland“ hat Ruß gemeinsam mit seinem Ulmer Geschäftsführer-Kollegen Andreas Seyboth sowie mit Professor Jörg Schiller, Inhaber des Lehrstuhls für Versicherungswirtschaft & Sozialsysteme an der Universität Hohenheim, Auswirkungen eines Provisionsdeckels untersucht. Ergebnis:

• Ein Provisionsdeckel kann immer nur für neu abgeschlossene Verträge greifen. Der gesamte Bestand an Altersvorsorgeprodukten wird dadurch nicht entlastet.

• Wird ein Provisionsdeckel zu niedrig angesetzt, ist eine sachgerechte und umfassende Beratung für einen qualifizierten Berater wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll. Berater werden sich dann vom Markt zurückziehen oder nur noch in einem Honorarmodell ihre höherpreisigen Leistungen anbieten können, was zu Beratungslücken für Geringverdiener führen dürfte. Übrig blieben weniger qualifizierte Berater; die Qualität der Beratung würde sinken.

• Wird ein Provisionsdeckel zu hoch angesetzt, so werden die Berater, die bisher einen niedrigeren Provisionssatz erhalten, nun einen höheren Satz fordern. Dies könnte bedeuten, dass die Kosten im marktweiten Durchschnitt sogar steigen statt sinken.

• Wird ein Provisionsdeckel nur für gewisse Finanzprodukte – in diesem Fall nur für Produkte einer einzigen Branche, die der Gesetzgeber für die Altersvorsorge für besonders wichtig hält – eingeführt, so besteht zudem das Risiko der Fehlsteuerung in andere Produkte, die vielleicht weniger geeignet oder sicher zur Altersvorsorge sind, aber eine höhere Provision zulassen.

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